Der wichtigste Tresor der Welt befindet sich auf der Insel Spitzbergen im Nordpolarmeer: In einem erdbebensicheren Stollen nahe der norwegischen Stadt Longyearbyen sind Millionen von Samenmustern konserviert.
Laut dem deutschen Journalisten Bartholomäus Grill ist das Saatgut dieser grünen Weltbank angesichts der zunehmenden Zerstörung des landwirtschaftlich genutzten Bodens «die Lebensversicherung der Menschheit».
Nachdem die moderne Landwirtschaft bereits in den 1960er-Jahren ein «beispielloses Bauernsterben» ausgelöst habe, plündere die Agrarindustrie nun die letzten fruchtbaren Böden, schreibt der Autor. Jedes Jahr gehen so mehr als 24 Milliarden Tonnen Boden durch Erosion verloren.
Für Grill ist die industrielle Landwirtschaft «eine der destruktivsten Kräfte», welche die Menschheit je entfesselt hat: «Wir erleben gerade die fatalen Folgen dieses Einflusses, die Zerstörung natürlicher Lebensräume und einen rapiden Artenschwund.»
Vorschläge für eine «klimakompatible» Agrarreform
Bereits auf den ersten Seiten fährt der Autor schweres Geschütz auf: Ein tonnenschwerer Häcksler der Marke John Deere mit 970 PS donnert mit ohrenbetäubendem Lärm übers Feld. Es finde ein «Krieg gegen die Natur» statt, so Grill, gelenkt durch die «Feldherren des Agrar- und Nahrungsmittelsektors». Die «Rüstungsgüter» werden von Chemie- und Saatgutkonzernen zur Verfügung gestellt. Und die Bauern bilden das «Heer der Fusssoldaten». Ihre Waffen sind «schwere Maschinen, Kunstdünger, Pestizide, Antibiotika und Wachstumshormone».
Doch Grill klagt nicht nur an. Sein faktenstarkes Buch endet mit einem interessanten Katalog von Vorschlägen für eine umfassende «klimakompatible, ressourcenschonende und sozial gerechte» Agrarreform.
Bartholomäus Grill, «Bauernsterben», Siedler, München 2023, 236 Seiten, ca. 37 Franken
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