Am 14. März 2024 ging für Millionen Afrikaner nichts mehr: kein Facebook, keine Nachrichten, keine E-Mails. Grund: Ein Seebeben vor der Elfenbeinküste hatte in der Tiefsee vier Internetkabel zerstört.
Das Ereignis, das einen Teil Afrikas lahmlegte, hätte im Nordatlantik kaum Auswirkungen gehabt. Dort verbinden Hunderte von Kabeln die USA und Europa. Bei Kabelbrüchen weichen die Telecomkonzerne einfach auf Ersatzleitungen aus.
Das Internet-Blackout in Afrika ist für Technologiejournalist Ingo Dachwitz und Globalisierungsexperte Sven Hilbig eines von vielen Beispielen dafür, wie die Digitalisierung «eine Machtordnung fortschreibt, die mehr als 500 Jahre alt ist: die des Kolonialismus». Statt «physisch Land einzunehmen, erobern die neuen Kolonialherren von Alphabet (Google), Microsoft, Apple oder Meta (Facebook) den digitalen Raum. Und wie die einstigen Kolonialmächte teilen die IT-Konzerne den «globalen Süden mit seinen Menschen und Rohstoffen als Beute» untereinander auf.
Eindrücklich beschreiben die Autoren, wie Kinder und Jugendliche in der Demokratischen Republik Kongo unter übelsten Umständen Kobalt abbauen – ein unverzichtbarer Rohstoff für Handy- und Laptop-Batterien. Und sie zeigen, wie Heere von schlecht bezahlten «Klickarbeitern» in Asien und Afrika Internetnetzwerke von anstössigen Inhalten säubern und neue «vermeintlich selbstlernende Programme» mit Daten füttern.
Diese dunklen Seiten der Digitalisierung hätten «keinen Platz in den Erfolgsgeschichten des Silicon Valley», die sich lieber um das «Internet als Demokratisierungsmaschine» und die ökologische Revolution durch neue Computerprogramme drehen. «Diese Heilsversprechen haben sich vielerorts ins Gegenteil verkehrt», so das Fazit der Autoren, nämlich «in Ausbeutung, Herrschaft und Unterdrückung».
Ingo Dachwitz, Sven Hilbig, «Digitaler Kolonialismus», C. H. Beck, München 2025, 351 Seiten, ca. 40 Franken