Wer sich bei Grossverteilern Fleischprodukte von BioWeiderindern anschaut, bekommt den Eindruck, dass diese sich ausschliesslich von Gras und Heu ernähren. So steht etwa auf der Verpackung des Bio-Hamburgers «Weide-Beef» der Migros: «Natürliches Futter (Gras).»
Die Weiderinder von Aldi ernähren sich laut Verpackung von «besten Gräsern und Kräutern». «Fleisch aus Gras» gilt als nachhaltig und tierfreundlich. Was Detailhändler aber vertuschen: Auch Bio-Weiderinder bekommen zusätzlich Mais und Kraftfutter – in der Regel ist das Getreide. Im Talgebiet darf dessen Anteil maximal 25 Prozent des Gesamtfutters betragen, im Berggebiet 15 Prozent. Bis 5 Prozent des Gesamtfutters dürfen dabei Kraftfutter sein. Diese Regeln gelten laut Angaben der Händler für Bio-Weide-Beef der Migros, Bio-Natura-Beef von Coop und Bio-Weiderind von Aldi und Lidl.
Schönfärberische Angaben auf den Verpackungen
Doch die Händler vermeiden es, Mais und Kraftfutter beim Namen zu nennen. So schreibt etwa die Migros auf ihrer Internetseite von «Silage», die dem Weidebeef zusätzlich verfüttert wird – gemeint ist Mais. Und Coop erklärt, Natura-Beef-Tiere würden sich «zu 96 Prozent von Gras und Heu ernähren». Doch diese Angabe ist schönfärberisch. Coop räumt auf Nachfrage ein, diese Zahl gelte als Durchschnitt für die gesamte Herde, inklusive Muttertiere. Die Jungtiere, deren Fleisch in die Läden kommt, bekämen mehr Mais und Kraftfutter. Genaue Zahlen nennt Coop nicht.
Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau Fibl schreibt saldo, bei den meisten Rinderrassen reiche die Energie des Grases nicht aus, um genug Fleisch anzusetzen. Daher bekommen auch Bio-Rinder zusätzlich Mais sowie besonders eiweiss- und energiereiches Kraftfutter. Dieses muss aus der Schweiz stammen.
Jedes dritte Mastrind hat keinen Auslauf im Freien
Immerhin: Im Vergleich zu konventionell gehaltenen Rindern stecken im Fleisch von Bio-Weiderindern viel weniger Kraftfutter und Mais. Konventionelle Mastrinder werden mehr heitlich mit Ackerprodukten gemästet, es gibt keinen vorgeschriebenen Anteil von Gras in der Fütterung.
Tierschützer kritisieren diese Mast als nicht artgerecht, weil sie nur wenige Rohfasern enthält. Ähnlich wie Hühner und Schweine fressen diese Masttiere zudem viele Ackerpflanzen, was die menschliche Ernährung konkurrenziert.
Mastrinder haben in der Regel auch keinen Zugang zu einer Weide, höchstens zu einem betonierten Auslauf. Ein Drittel aller Rinder hat laut Bundesamt für Landwirtschaft keinen Auslauf im Freien.
Ähnlich ist die Situation bei konventionellen Milchkühen. Auch sie bekommen viel Kraftfutter. Mehr als die Hälfte davon wird importiert. Damit beansprucht die Schweizer Viehwirtschaft zusätzliche Ackerflächen im Ausland.