Beim Naturaplan-Tessinerbrot von Coop stammen alle Zutaten aus biologischem Landbau. Allerdings sind bei weitem nicht alle Rohstoffe in der Schweiz produziert worden. Ausgerechnet die Hauptbestandteile Weizen- und Roggenmehl kommen vorwiegend aus dem übrigen Europa und aus Nordamerika. Der Grund laut Coop: «In der Schweiz wird zu wenig Bio-Getreide produziert.» Auch die Migros räumt ein, dass sie ihren Bio-Backwaren rund ein Drittel ausländisches Mehl beimischt.
Auch viele andere Bio-Produkte werden importiert. Nur bei Fleisch und Milchprodukten halten sich Angebot und Nachfrage in etwa die Waage. Bio-Getreide und Bio-Früchte stammt zu zwei Dritteln aus dem Ausland, Bio-Gemüse zu einem Drittel. So die Schätzungen von Biosuisse, dem Dachverband der Bio-Bauern. Engpässe herrschen auch bei Pflanzen, die ohne grosse Schwierigkeiten in der Schweiz angebaut werden können: Weizen, Roggen, Gerste, Körnermais, Beeren sowie Ölsaaten wie Raps, Soja und Sonnenblumen. Zudem mangelt es an Bio-Eiern für verarbeitete Lebensmittel.
Die Folge: Je mehr Schweizer Konsumenten im Laden zu Bio-Produkten greifen, desto stärker nehmen die Bio-Importe zu. Lange Transportwege aber verwässern die Idee einer biologischen Landwirtschaft.
Bäuerliches Einkommen ist in den Bio-Betrieben höher
Im letzten Jahr zählte die Schweiz rund 54 000 Landwirtschaftsbetriebe. Davon waren nur 11,5 Prozent Bio-Betriebe – immerhin ist die Tendenz steigend.
Viele konventionelle Bauern tun sich schwer mit einem Wechsel – obwohl die Verdienstmöglichkeiten gut sind. Die Bauern erhalten für Tafelkirschen, Erdbeeren, Eier, Weizen, Raps oder Schweinefleisch in Bio-Qualität rund doppelt so viel wie bei konventionellen Produkten. Das zeigen Unterlagen des Forschungsinstituts für biologischen Landbau.
Eine Auswertung durch das eidgenössische Forschungsinstitut Agroscope zeigt: Bei Bio-Betrieben in Tal- und Bergregionen fällt das durchschnittliche bäuerliche Einkommen höher aus als bei konventionellen Bauern. Lediglich in Hügelregionen verdienen Bio-Bauern geringfügig weniger als ihre konventionellen Berufskollegen.
Seit 1996 sind mehr als 25 000 Landwirtschaftsbetriebe verschwunden. Am wirtschaftlichen Druck, vom konventionellen auf biologischen Landbau umzustellen, fehlt es also nicht. Vermögen manche Bauern die Marktchancen nicht zu erkennen?
Laut Bio-Bauer Adrian Achermann aus Baltenswil ZH ist der Wechsel nicht ganz einfach. Nicht jeder Betrieb sei für den Bio-Anbau geeignet. So ist als Dünger nur Hofdünger zugelassen. Für dessen Produktion braucht es Tiere. Das heisst: Es ist ein Gleichgewicht zwischen Tieren und Ackerflächen nötig. Nur Bio-Ackerbau zu betreiben ist schwierig, da teurer Bio-Dünger zugekauft werden muss.
Laut Achermann sind die Preise für Bio-Produkte klar höher als für konventionelle, allerdings sei auch der Arbeitsaufwand wesentlich höher. «Der Mehrerlös wird so durch eine höhere Arbeitsleistung weggefressen.» Hinzu kommt ein gesteigertes Risiko: die Ernteschwankungen sind im Bio-Landbau sehr gross. Bei Raps etwa könne es bei schlechten Wetterbedingungen sogar einen Totalausfall geben.
Dennoch will Achermann keinesfalls zur konventionellen Landwirtschaft zurück. «Ich bin aus Überzeugung Bio-Landwirt, weil ich meine Verantwortung gegenüber der Natur und den kommenden Generationen wahrnehmen will.»
Bauernverband trimmt die Landwirtschaft auf intensive Produktion
Robert Obrist vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau glaubt, dass häufig auch «psychologische Faktoren» einem Wechsel zur Bio-Landwirtschaft entgegenstehen. Seien Eltern und Kollegen überzeugte konventionelle Landwirte, brauche es viel Motivation, um auf Bio umzustellen.
Auch sei der Schweizer Bauernverband stark auf intensiven Anbau und hohe Erträge fokussiert. Und schliesslich verhindere die politische Lobby, dass sich die Bauern stärker auf die Bio-Nachfrage ausrichten: Importeure von Futtermitteln, Düngern und Pestiziden sähen dann ihre Profite schrumpfen.
Verzicht auf Pestizide und Gentechnik
Im biologischen Landbau verzichtet der Bauer auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, leichtlösliche Mineraldünger sowie gentechnisch veränderte Organismen. Die Tierhaltung ist möglichst artgerecht. Bio-Bauern in der Schweiz produzieren entweder nach den Richtlinien der Bio-Organisation Biosuisse mit dem Knospen-Label oder nach der Bio-Verordnung des Bundes.
Die Umstellung vom konventionellen auf einen biologischen Bauernbetrieb ist ein grosser Schritt. Mit dem Wechsel gehen in der Regel die Erträge bei den Kulturen und die Leistung der Tiere zurück. Andererseits erhält ein Biobetrieb aus der Bundeskasse höhere Direktzahlungen. Zudem kann er die Produkte teurer verkaufen.
Erst nach zwei Jahren Umstellung kann sich ein ehemals konventioneller Bauernhof als Bio-Betrieb zertifizieren lassen. Die Direktzahlungen richtet der Bund bereits während der Umstellung aus.