Ein Eintrag im Betreibungsregister ist lästig. Mieter zum Beispiel haben damit bei der Wohnungssuche schlechtere Karten. Umso ärgerlicher ist es, wenn jemand zu Unrecht betrieben wird. Das ist in der Schweiz ohne weiteres möglich. Denn das Betreibungsamt muss nicht überprüfen, ob eine per Zahlungsbefehl geltend gemachte Forderung wirklich geschuldet ist.
Das musste ein Mann aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden erfahren. Er wurde von einem Winterthurer Inkassobüro auf über 40 000 Franken betrieben, obwohl zwischen ihm und den Urhebern der Betreibung gar nie ein Rechtsverhältnis bestanden hat. Sie forderten das Geld im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf. Das Grundstück hatten sie von einer Aktiengesellschaft gekauft, in welcher der Appenzeller einmal im Verwaltungsrat sass. Er persönlich hatte mit dem Kauf aber nichts zu tun. Der Appenzeller erhob Rechtsvorschlag, die Betreibung wurde nicht fortgesetzt. Doch der Eintrag im Betreibungsregister blieb.
Dagegen ging der Betriebene mit einer Klage gegen das Inkassobüro vor: Mit einer sogenannten negativen Feststellungsklage kann man das Nichtbestehen einer Schuld feststellen lassen.
Eine solche gerichtliche Klage war bisher sehr aufwendig und kompliziert. Der Betriebene musste ein «schutzwürdiges Interesse» nachweisen. Konkret: Er musste belegen, dass er durch die Betreibung wirtschaftlich benachteiligt wird. Etwa, weil andere deswegen an seiner Kreditwürdigkeit zweifelten. Zudem war die Klage nur bei namhaften Beträgen möglich.
Bundesgericht lockert bisherige Praxis
Das Bezirksgericht Winterthur gab dem Appenzeller recht und kam zum Schluss, dass er den per Zahlungsbefehl geforderten Betrag nicht schuldet. Das Inkassobüro zog den Fall jedoch ans Obergericht Zürich und ans Bundesgericht weiter. Die Argumentation: Der Betriebene habe für die Klage kein ausreichendes schutzwürdiges Interesse nachgewiesen.
Damit hatte das Inkassobüro keinen Erfolg. Im Gegenteil: Das Bundesgericht nahm den Fall zum Anlass, seine bisherige Praxis «mit Blick auf die wenig befriedigende Rechtslage» zu lockern. Neu ist grundsätzlich auch ohne Nachweis von einem schutzwürdigen Interesse auszugehen. Für zu Unrecht Betriebene ist es also künftig einfacher, sich gegen falsche Einträge zu wehren. Das gilt für grosse und kleine Beträge.
Der St. Galler Anwalt Simon Näscher hat den Betriebenen vor Gericht vertreten. Für ihn ist das Urteil kein Grund zum Jubeln: «Das Gerichtsverfahren hat insgesamt zwei Jahre gedauert. In dieser Zeit war der Eintrag sichtbar.» Zudem habe sein Klient seine Anwalts- und sämtliche Gerichtskosten vorschiessen müssen. Er glaubt jedoch an eine Signalwirkung für Inkassofirmen: «Mit einer Betreibung zu drohen hat nicht mehr den gleichen Effekt, weil sich Betroffene nun einfacher wehren können.»
So wehrt man sich
- Rechtsvorschlag: Eine Betreibung kann man zunächst mit einem Rechtsvorschlag stoppen. Damit gilt die Forderung als bestritten. Den Rechtsvorschlag kann der Betriebene beim Empfang des Zahlungsbefehls oder innerhalb von zehn Tagen nach Zustellung beim Betreibungsamt erheben. Die Betreibung läuft dann nicht weiter, sie ist aber dennoch im Betreibungsregister ersichtlich.
- Freiwilliger Rückzug: Man kann den Betreibenden auffordern, dass er die Betreibung zurückzieht. Dazu muss er dem Betreibungsamt mitteilen, dass er die Betreibung löschen will.
- Negative Feststellungsklage: Stellt sich der Betreibende stur, kann man beim Gericht mit einer negativen Feststellungsklage das Nichtbestehen der Schuld feststellen lassen. Im Erfolgsfall erscheint die Betreibung dann nicht mehr auf dem Betreibungsregisterauszug.