Wer im Wohnmobil auf Reisen geht, sollte auf das Gesamtgewicht des Fahrzeugs achten. Denn auf die Angaben der Hersteller ist kein Verlass. Das zeigen neue Tests des Touring Club Schweiz. Der TCS stellte fünf Wohnmobile auf die Waage. Drei zeigten auffällige Ergebnisse:
- Der Carthago C-Tourer T 143 LE war 3298 Kilo schwer und lag damit 223 Kilogramm über dem angegebenen «Leergewicht». Dieses schliesst einen Fahrer von 75 Kilogramm Gewicht, einen vollen Tank sowie 20 Liter Wasser ein.
- Der Hymer Tramp S 695 wog 3287 Kilo – 313 Kilo mehr als angegeben.
- Der Weinsberg Carasuite M 6 brachte 3137 Kilo auf die Waage – 237 Kilo mehr als angegeben.
Für die Besitzer solcher Modelle bedeutet das: Sie dürfen nur noch 200 bis rund 350 Kilo Gepäck und Passagiere zuladen. Denn ein Camper dieser Kategorie darf maximal 3500 Kilo wiegen. Der TCS führte seine Tests nach eigenen Angaben unter vergleichbaren Bedingungen durch wie die Hersteller.
Die TCS-Ergebnisse sind keine Überraschung. Der deutsche Automobilclub ADAC hatte im vergangenen Jahr 15 Camper gewogen. An Bord befanden sich eine vierköpfige Familie und 300 Kilo Gepäck. Die Tests waren also realistischer als jene der Hersteller, die nur mit einem Fahrer und einem vollen Tank rechnen. Resultat: Vier Camper überschritten das erlaubte Gewichtslimit von 3500 Kilo. Besonders schwer waren der Adria Sonic Axess 600 SL und der La Strada Avanti F mit je rund 115 Kilo Übergewicht. Sechs weitere Camper hatten nur noch Platz für maximal 110 Kilo.
«Die meisten Modelle bieten zu wenig Nutzlast»
Steffan Kerbl vom österreichischen Automobilclub ÖAMTC kritisiert: «Die meisten Wohnmobile bieten an sich zu wenig Nutzlast.» Und Frank Schäfer vom Dachverband der deutschen TÜV-Organisationen doppelt nach: «Der Spielraum für Zuladungen ist oft verschwindend gering.»
Das hat zwei Gründe: Wohnmobile sind in der Regel auf Basisautos wie dem Mercedes Sprinter oder dem Fiat Ducato aufgebaut. Diese sind heute mit mehr Technik ausgerüstet als früher – und damit schwerer. Ausserdem packen die Hersteller ihre Aufbauten mit immer mehr Komfortausstattung voll.
Experte Kerbl wirft ihnen vor, die Gewichtsprobleme zu verschleiern: Sie würden oft präparierte Modelle zur Zulassungsstelle schicken. Die Vorführwagen haben dann etwa keine Sonnenstoren und keinen TV, obwohl Halterungen für sie eingebaut sind. Folge: Auf dem Papier sind die Camper leichter als auf der Strasse. Die meisten Käufer rüsten das Gefährt aber nach. Damit rechnen laut Kerbl auch die Hersteller, die zwar in ihren Ausstattungslisten das Mehrgewicht des möglichen Zubehörs angeben: «Sie schieben den schwarzen Peter so aber ihren Kunden zu, statt leichtere Fahrzeuge zu bauen.»
Hymer und La Strada Fahrzeugbau erwidern, dass ihre Wohnmobile den Vorschriften entsprechen. Hymer verweist darauf, dass «die gewogene Masse des Fahrzeugs» von dem Wert in der EU-Typgenehmigung um «5 Prozent abweichen» dürfe. Hymer halte die Toleranz ein. La Strada erklärt, die «deutliche Mehrheit» der Kunden käme mit dem Spielraum für die Zuladung zurecht. Für andere bestehe die Möglichkeit, die Camper für ein Gewicht von 3,85 oder 4 Tonnen zuzulassen. Die Lenker brauchen dann aber einen Führerschein C.
Die Überladung birgt Risiken. TCS- Experte Jürg Reinhard warnt: «Mit einem überladenen Wohnmobil ist man in heiklen Situationen schnell überfordert.» Wohnmobilfahrer verursachten 2019 in der Schweiz zwar nur rund 150 der 50 000 Verkehrsunfälle. Eine Studie der Unfallforschung der deutschen Versicherer zeigt aber: Die Beteiligten an Camperunfällen werden oft schwerer verletzt als die Opfer anderer Unfälle. Schuld daran sind vor allem das Fahrzeuggewicht und ungesicherte Gegenstände, die im Innenraum umherfliegen.
Französische Polizei untersagt die Weiterfahrt schnell
Egal, ob man den Camper gemietet oder gekauft hat – die Fahrer haften für ein überladenes Gefährt, falls sie in eine Kontrolle geraten. In Österreich drohen Bussen von 220 bis 5500 Franken, in Italien bis zu 1870 Franken und in Deutschland bis zu rund 250 Franken. Die französische Polizei untersagt die Weiterfahrt schon, wenn das Höchstgewicht um 5 Prozent überschritten ist. In der Schweiz droht bei Übergewicht eine Anzeige, eine Busse bis zu 250 Franken und im schlimmsten Fall der Ausweisentzug.
Übergewicht vermeiden
- Achtung bei der Sonderausstattung: Jeder Einbau bringt Extrakilos.
- Bei der Ausstattung lässt sich Gewicht sparen. Etwa mit einem Kochherd mit nur zwei statt drei Platten, einem kleineren Kühlschrank, einer Fünf- statt Zehn-Kilogramm-Gasflasche, der Anschaffung von leichten Lithiumbatterien.
- Während der Fahrten den Wassertank nicht ganz füllen.
- Velos kann man am Urlaubsort mieten. Auch Lebensmittel kauft man am besten vor Ort ein.
- Vor dem Abfahren sollte man den beladenen Camper wägen. Waagen gibt es zum Beispiel bei der Landi, in Recyclinghöfen, Mülldeponien oder Kiesgruben. Oder man kauft eine Radlastwaage (Preis ab 100 Franken).