Ein Mann namens Tony tanzt in einem Video durch Läden und das Leben. Er ist der «Cashless Hero», der bargeldlose Held. Der aktuelle Werbefilm der Interessengemeinschaft der Schweizer Kartenanbieter soll zeigen, wie schnell und easy man mit Kreditkarte zahlen kann. «Mach auch du den ‹Cashless›», fordert Tony die Zuschauer auf.
Ebenfalls auf bessere Geschäfte hofft die Twint AG der Schweizer Banken. Die App von Twint ermöglicht bargeldloses Zahlen mit dem Smartphone. Twint hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl von rund 60 Millionen Zahlungen im vergangenen Jahr auf 100 Millionen im Jahr 2020 zu steigern.
Durchschnittlich 133 Franken im Portemonnaie
Nur: In der Schweiz ist Bargeld noch immer das meistbenutzte Zahlungsmittel der privaten Haushalte. Das ergab die erste repräsentative Zahlungsmittelumfrage der Schweizerischen Nationalbank. Im Jahr 2017 wickelte die Schweizer Bevölkerung 70 Prozent aller Zahlungen in bar ab. Im Durchschnitt trägt jede Person 133 Franken in Münz und Noten im Portemonnaie auf sich.
Bargeld hat unbestreitbare Vorteile: Es kostet im Vergleich zur Kredit- oder Maestrokarte nichts, kennt keine Ausgabenlimite, eignet sich auch bei Stromausfall oder Internetpannen als Zahlungsmittel, wird überall akzeptiert und verschafft einen besseren Überblick über die Ausgaben und das verfügbare Budget. Auch als Geschenk ist es beliebter als eine anonyme Banküberweisung.
Seit der Bankenkrise stieg der Bargeldbestand massiv an
Dazu kommt der Sicherheitsaspekt. Beim elektronischen Zahlen sammeln die Verkaufsstellen, die Zahlungssystembetreiber und die Finanzinstitute massenweise persönliche Daten. Diese werden zu kommerziellen Zwecken analysiert und oft weiterverkauft.
Die Bankenkrise von 2008 hat gemäss der Nationalbank zu erhöhten Zweifeln an der Sicherheit der Spargelder und der Stabilität der Banken geführt. Laut der Umfrage von 2017 halten 37 Prozent der Schweizer einen Teil ihres hart verdienten Spargelds ausserhalb des Bankensystems. Das belegt auch die Tatsache, dass 2009 im Vergleich zu 2008 die Nachfrage nach 1000er-Noten um knapp 14 Prozent zunahm. Der Zuwachs aller Noten betrug lediglich 4 Prozent. Gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandprodukt) ist der Bargeldbestand von 2008 bis 2018 um zwei Drittel angestiegen. Das zeigen Statistiken der Nationalbank.
Aktuell ist die erhöhte Nachfrage nach Bargeld auch darauf zurückzuführen, dass Geld auf einem Konto keine Zinsen mehr abwirft. Ein Teil der Sparer muss dafür sogar Strafzinsen bezahlen.
Nur bei tiefer Teuerung ist es sinnvoll, Geld im Safe zu lagern
Bargeld zu Hause ist auch eher vor Verlust geschützt als auf einer Bank. Denn Sparguthaben auf einem Bankkonto sind im Falle eines Konkurses nur bis 100 000 Franken durch die Einlagensicherung der Banken gedeckt. Legt man sein Vermögen zu Hause in einen Safe, ist es vor einer Bankenpleite sicher.
Banknoten zu Hause horten ist jedoch nur sinnvoll, wenn der Wert real erhalten bleibt – also nicht durch Inflation entwertet wird. Den im weltweiten Vergleich hohen Bargeldbestand der Schweiz erklärt sich die Nationalbank denn auch mit den anhaltend tiefen Inflationsraten und den rekordtiefen Zinsen.