Neun Prozent der Bevölkerung leben in einem Haushalt, in dem das Konto mindestens einmal überzogen wurde. Das geht aus dem neuesten Bericht des Bundesamts für Statistik zur Verschuldung der Haushalte hervor. Vor allem gegen Monatsende sind bei vielen die Guthaben auf dem Konto nahe bei null. Ein ungeplanter und unüberlegter Kauf mit der Maestro- oder Kreditkarte bringt das Konto schnell ins Minus. Dann wirds teuer.
Am meisten kostet der Überzug bei der Credit Suisse und der UBS. Das zeigt ein saldo-Vergleich (siehe PDF). Bei den beiden Grossbanken müssen die Kunden bei einem Kontoüberzug 12,5 Prozent Sollzinsen pro Jahr zahlen. Die günstigsten der befragten Banken sind die Appenzeller Kantonalbank, die Bank Sparhafen Zürich und die Migros-Bank. Sie verlangen «nur» 7,25 Prozent oder 8 Prozent. Zum Vergleich: Die Zinsen auf Guthaben liegen zurzeit bei der UBS und CS bei 0,01 Prozent, bei den grosszügigsten Banken in der Deutschschweiz wie WIR-Bank oder Bezirks-Sparkasse Dielsdorf bei 0,2 Prozent.
Banken sprechen von Abschreckungswirkung
Die happigen Sollzinsen erstaunen angesichts des rekordtiefen allgemeinen Zinsniveaus. Die Banken rechtfertigen sich mit angeblich höheren Kosten für die Betreuung und Überwachung von Überzügen sowie dem Verlustrisiko. Johannes Möri von Postfinance sagt: «Diese Risiken und Aufwände werden durch die historisch tiefen Zinsen an den Kapitalmärkten nicht geringer.»
Als weiteren Grund für die hohen Überzugszinsen geben die Banken die Abschreckungswirkung an. So sagt die Zürcher Kantonalbank, sie wolle Kontoüberzüge mit den hohen Zinsen möglichst unattraktiv machen. Ebenso die Luzerner Kantonalbank: «Der Sollzins soll die Kunden möglichst vom Überzug abhalten, damit sie nicht in finanzielle Schwierigkeiten kommen», so Sprecher Roger Müller. Auch die Berner Kantonalbank beruft sich auf den Schutz des Kunden. Fragt sich nur, warum die Banken nicht die Möglichkeit von Überzügen ganz einfach per Computer verhindern.
Keine Angaben zum realen Verlustrisiko
Daniel Wirz, Sprecher der Caritas Zürich, glaubt nicht, dass hohe Sollzinsen abschreckend wirken: «Wer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, wird meist sein Konto überziehen, solange er das kann – auch bei hohen Sollzinsen. Er ist verzweifelt und will vor allem eine Betreibung verhindern. Das wissen wir aus unserer Schuldenberatung.»
Auch das Argument der hohen Verwaltungskosten ist zweifelhaft. Marc Weber, Geschäftsleiter der VZ Depotbank: «In Zeiten hoher Automatisierung und standardisierter Prozesse dürfte der Kostenaufwand bei Überziehungen überschaubar bleiben.»
Unklar bleibt, wie hoch das Verlustrisiko der Banken bei Kontoüberzügen durch Kunden ist. Zahlen dazu wollte keine Bank nennen.
Die Bankkunden sind sich der hohen Kosten bei Überzügen kaum bewusst. Denn nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Banken veröffentlichen die Sollzinsen im Internet. Urs Aeberli, Sprecher der Migros-Bank, sagt: «Der Sollzins steht auf Flyern, die in den Filialen ausliegen.» Andere Banken weisen lediglich darauf hin, dass es solche Kosten gibt, ohne die konkrete Höhe zu nennen.