Der Kundenbetreuer der Credit Suisse (CS) scheint geahnt zu haben, dass seine Fragen und Ausführungen beim Kunden nicht gut ankommen könnten. Jedenfalls rechtfertigte er sich vorsorglich am Schluss seines in holprigem Deutsch abgefassten E-Mails an den Kunden: «Meine Aussage entspricht wirklich der Wahrheit und geht alle Banken an und ist nicht ein Ding.»
Was immer er mit dem «Ding» gemeint hat: Er schrieb in seinem E-Mail an den Kunden Hannes Gassenbauer (Name geändert), die Banken seien «verpflichtet, Hintergrundinformationen vom Kunden zu sichern». So müssten sie beispielsweise wissen, woher die Gelder stammen.
Im Falle Gassenbauers weiss das die Bank. Seine Vermögenswerte stammen von seinen Eltern, die über Jahrzehnte Kunden der Grossbank waren. Die Mutter ist es heute noch, der Vater ist verstorben. Vor einigen Monaten übertrug die Mutter einen grossen Teil ihres Vermögens auf den Sohn – neben Wertschriften auch mehrere Liegenschaften. Der Kundenbetreuer der CS vollzog die Vermögensübertragung damals, ohne Fragen zu stellen, die ins Private zielten.
Monate später wollte er aber plötzlich Auskunft über den Werdegang Gassenbauers, über dessen Berufsabschlüsse und beruflichen Anstellungen der Vergangenheit. Seine Begründung: «Die Bankenwelt hat sich stark verändert, und das ist ein Ausfluss daraus.»
Gassenbauer ist der Meinung, seine früheren Stellen gingen die Bank nichts an. «Aber in Sachen Banken überrascht ja nichts mehr.»
Neukunden müssen mit Fragen rechnen
Bis zur Vermögensübertragung war er kein Kunde der Grossbank gewesen. Er entschied, die ihm von seiner Mutter übertragenen Werte bei der CS zu belassen. Für die Bank war er Neukunde. Und das heisst gemäss einem CS-Sprecher: «Es müssen die üblichen Formulare für die Eröffnung einer neuen Kontobeziehung ausgefüllt werden.»
Das ist nicht aussergewöhnlich. Andere Banken bestätigen auf Anfrage diese Vorgehensweise. Neukunden müssen mit Fragen rechnen (siehe Unten).
Mit der Übertragung von Liegenschaften hat Gassenbauer von seiner Mutter die bestehenden Hypotheken übernommen. In solchen Fällen nimmt die Bank eine Risikoanalyse vor, wie etwa der Sprecher von Postfinance sagt: «Die Kinder müssen die banküblichen Unterlagen für eine Kreditprüfung einreichen.» Das sind unter anderem Lohnausweis, Steuererklärung, Betreibungsauskunft.
Gassenbauer erinnert sich, dass der CS-Betreuer bei der Vermögensübertragung vor Monaten eine Kopie der Identitätskarte machte und dass er eine Steuererklärung einreichen musste. Daraufhin gewährte ihm die Bank einen Baukredit für die Sanierung der Liegenschaften – ein Zeichen dafür, dass man bei der CS den Neukunden als vertrauenswürdig und zahlungsfähig einstufte.
Credit Suisse: «Im Sinne der Kundschaft»
Warum also weitere Fragen? Die CS sagt dazu, Informationen zu Tätigkeit und Werdegang erhellten die finanziellen Umstände des Kunden und dienten der Plausibilisierung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse. Und weiter: «Wenn klar erkennbar und nachvollziehbar Gelder aus einer Erbschaft eingehen, welche bereits zuvor bei der Credit Suisse waren und deren Erwerb und Herkunft umfassend dokumentiert ist, kann auf diese Information zurückgegriffen werden. Allfällige weitere Abklärungen können sich erübrigen.» Genau das war bei Gassenbauer der Fall.
Der CS-Sprecher sagt übrigens auch, dass die eingeholten Informationen als «Basis für eine auf den Kunden zugeschnittene Beratung» dienten. Das sei «sicher auch im Sinne der Kundschaft». Mag sein. Im Sinne der Bank ist es bestimmt.
Diese Informationen müssen Neukunden liefern
- Die Bank muss den Kunden identifizieren. Sie verlangt Personalien, Namen, Adresse.
- Der Kunde muss bestätigen, dass er der wirtschaftlich Berechtigte an den Vermögenswerten auf seinem Konto ist. Damit soll verhindert werden, dass kriminelle Dritte Gelder im Depot von Strohmännern verstecken.
- Zusätzliche Informationen will die Bank bei der Übertragung von Liegenschaften und Hypothekarkrediten. Sie prüft die Tragbarkeit. Damit will sie sicherstellen, dass der neue Schuldner in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen für Zinsen und allfällige Amortisationen gegenüber der Bank nachzukommen.
Immer mehr Banken versuchen, mit zusätzlichen Fragen die Vermögenssituation des Kunden auszuleuchten, um ihnen Angebote für weitere Dienstleistungen machen zu können. Kunden sind aber nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, die nichts mit den laufenden Verträgen zu tun haben.