Gabriela Mondelli (Name geändert) aus dem Zürcher Unterland wollte bei Postfinance das Sparkonto ihres verstorbenen Vaters auf ihren Namen überschreiben. Sie erschien persönlich in der Postfinance-Filiale Zürich-Oerlikon und legte alle ihrer Meinung nach notwendigen Dokumente auf den Schaltertisch: Todesurkunde, Erbschein, Identitätskarte.
Doch damit gab sich Postfinance nicht zufrieden, obwohl Mondelli bereits seit Jahren Kundin von Postfinance ist. Mit ihrem Mann hat sie ein gemeinsames Privat- sowie ein Sparkonto, beide haben zudem ein 3a-Konto.
«Postfinance will wissen, ob ich eine lukrative Kundin bin»
Dessen ungeachtet behandelte Postfinance Mondelli wie eine Neukundin. Sie schickte ihr ein Formular nach Hause, auf dem sie Beruf, Arbeitgeber und Jahreseinkommen angeben musste. «Ich finde das dicke Post», empört sich Mondelli. «Offensichtlich möchte Postfinance an meine Salärdaten kommen, um herauszufinden, ob ich eine lukrative Kundin bin.»
Andere Banken dringen noch tiefer in die Privatsphäre ihrer Kunden ein. Stefan Sutter aus Mühlau AG wollte gemeinsam mit seiner Frau ein Konto bei Crédit Agricole Financements Suisse eröffnen. Die Bank mit Filialen in der Westschweiz und in Basel fragte nicht nur die üblichen Personendaten ab. Sie begnügte sich auch nicht mit Fragen zu Beruf, Arbeitgeber und Einkommen. Sie verlangte darüber hinaus Angaben zu Zivilstand, Anstellungsdatum, Arbeitsbereich, Beschäftigungsgrad und Steuerdaten. Sutter sagt: «Spätestens bei der Frage nach den Lohnausweisen und den Steuerunterlagen wussten wir definitiv, dass wir bei dieser Bank kein Konto eröffnen.»
Banken berufen sich auf Geldwäschereiprävention
Postfinance begründet die Fragen nach Arbeitgeber, Beruf und Einkommen auf einem Kundeninformationsblatt so: «Das Gesetz und die Verordnung zur Geldwäschereiprävention verlangen, dass die Finanzinstitute von ihren Kundinnen und Kunden plausible Angaben über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse einholen.» Auch andere Banken verweisen auf das Geldwäschereigesetz und auf die Verordnung zum Gesetz der Finanzmarktaufsicht (Finma). Weder das Gesetz noch die Verordnung halten aber fest, dass Banken von Kunden Angaben zu Arbeitgeber, Einkommen, Zivilstand oder Ähnlichem einholen müssten.
Was also haben diese Fragen mit Geldwäschereiprävention zu tun? Crédit Agricole Financements gibt nur ausweichend Antwort: Die Bank müsse die Identität des Kunden feststellen und die Kundenbeziehung dokumentieren. Postfinance-Sprecher Johannes Möri sagt: «Es sind unter anderem diese Angaben zu Arbeitgeber, Beruf und Einkommen, die uns ermöglichen zu plausibilisieren, ob die Nutzung der Geschäftsbeziehung dem Kundenprofil entspricht.»
Vinzenz Mathys, Sprecher der Finanzmarktaufsichtsbehörde (Finma), verteidigt das Vorgehen von Postfinance. Bestimmte Berufe seien risikobehafteter als andere. Zudem dienten die Angaben dazu, spätere Bewegungen auf dem Konto zu hinterfragen. Eine Person mit tiefem Einkommen, aber hohen Transaktionen sei unter Umständen genauer unter die Lupe zu nehmen.
Fakt ist: Das Geldwäschereigesetz verlangt von den Banken nur, dass sie bei der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung den Vertragspartner identifizieren. Zu dokumentieren sind bei natürlichen Personen gemäss den von der Bankiervereinigung definierten Sorgfaltspflichten Name, Vorname, Geburtsdatum, Nationalität und Wohnadresse. Weitergehende Angaben werden nicht verlangt.
Postfinance muss Konto eröffnen
Wer seine Privatsphäre schützen will, kann Fragen der Banken, die mit dem Zahlungsverkehr auf dem Konto zu tun haben, unbeantwortet lassen. Allenfalls kündigen ihm die Banken dann den Vertrag. Auch Postfinance-Sprecher Johannes Möri sagt: «Verweigert ein Kunde die verlangten Angaben, gehen wir die Geschäftsbeziehung nicht ein.» Das aber ist unzulässig: Postfinance ist gemäss Postgesetz und -verordnung verpflichtet, für alle Personen mit Wohnsitz Schweiz auf Antrag ein Postkonto zu eröffnen, über das der Zahlungsverkehr abgewickelt werden kann. Postfinance muss die Kunden identifizieren und die Wohnadresse kennen – mehr nicht. Weitere Angaben (Arbeitgeber, Beruf, Einkommen usw.) müssen Kunden nicht machen.