Die 78-jährige Margrith Minder aus Windisch AG fühlt sich von der Neuen Aargauer Bank (NAB) «in die Enge getrieben und erpresst». Ein Angestellter der Bank, einer Tochter der Credit Suisse, hätte sie angerufen, um mit ihr einen Termin für eine Anlageberatung abzumachen. Minder lehnte ab. Sie habe nur einen Fonds im Wert von knapp 3000 Franken und benötige keine Anlageberatung.
Tatsächlich hatte die Kundin bei der NAB bloss einen Depotvertrag unterschrieben, damit sie die Fondsanteile halten kann. Mehr braucht sie nicht. Die Fondsanteile stammen aus einem Umtausch vom Mai 2010. Damals wurde ein Fonds der Credit Suisse geschlossen. Als Ersatz kaufte die NAB Fondsanteile von Aberdeen. Dieser Aktienfonds legte seit 2010 in Schweizer Franken um gut einen Drittel zu — trotz relativ hohen Gesamtkosten von 1,7 Prozent jährlich.
Kundenberater ignorierte das Nein und schickte einen Vertrag
Trotz Ablehnung des Beratungsvertrags erhielt Minder zwei Wochen nach dem Anruf der NAB per Post unaufgefordert einen zehnseitigen Vertrag. Titel: «MyNAB Anlegen Kompakt». Im Begleitschreiben stand: «Wir sind überzeugt, dass Sie Ihre Vorteile erkennen werden.» Das war allerdings nicht der Fall. Die Witwe konnte mit dem komplizierten Vertrag nichts anfangen und ignorierte ihn.
Mit dem Anlageberatungsvertrag hätte sie der Bank ein Mandat für eine kostenpflichtige Anlageberatung erteilt. Zusätzlich zu den anfallenden Depotgebühren hätte sie auch noch eine jährliche Anlagegebühr von 0,25 Prozent entrichten müssen.
Am Telefon hartnäckig eine rasche Unterschrift eingefordert
Die Bank liess nicht locker: Einige Wochen später erhielt Minder einen weiteren Anruf. Der NAB-Anlageberater wollte mit ihr erneut einen Termin vereinbaren. Minder lehnte einmal mehr ab und gab der Bank den Auftrag, sie solle ihre Fondsanteile verkaufen. Doch der Kundenberater habe ihren Wunsch einfach überhört, erzählt sie.
«Sehr hartnäckig» habe er sie stattdessen darauf hingewiesen, sie müsse sich wegen des Anlageberatungsvertrags innerhalb von zwei Wochen entscheiden. Auf die Frage, was passiere, wenn sie es nicht tue, erhielt sie keine Antwort.
Macht die NAB Jagd auf Kleinsparer? Gegenüber saldo erklärt die Bank, dass die Kundin dank dem neuen Vertrag die Vertriebsentschädigung vom Fondsanbieter zurückerhalten hätte. So hätte Minder 21 Franken pro Jahr sparen können.
Doch dies trifft nicht zu. Im Vertrag steht wörtlich: «Der Kunde verzichtet auf jedes Recht auf Herausgabe von Entschädigungen.»
Gegenüber saldo gibt die Bank schliesslich zu: Angesichts des geringen Gesamtvermögens wäre der vorgeschlagene Vertrag wohl «für beide Seiten nicht zielführend» gewesen. Die NAB hätte die Kundin «für dieses Produkt wohl gescheiter nicht selektioniert».
Florian Schubiger von der Vermögens-Partner AG steht den Anlageberatungsverträgen generell kritisch gegenüber. «Solche Verträge sind weder Fisch noch Vogel», sagt er. Entweder lege man sein Geld in Eigenregie an. Oder man delegiere diese Aufgabe und erteile dazu ein kostenpflichtiges Vermögensverwaltungsmandat. Primär versuchten viele Banken mit Anlageberatungsverträgen, ihre Produkte zu vertreiben.
Tipps für Kleinanleger
Auch wer keine speziellen Finanzkenntnisse hat, kann auf einen kostenpflichtigen Anlageberatungsvertrag verzichten.
Einfachste Alternative ist der Kauf eines kostengünstigen Mischfonds, der Obligationen und Aktien enthält. Wer mit Wertschwankungen leben und das Geld mindestens zehn Jahre investieren kann, wählt einen hohen Aktienanteil von beispielsweise 80 Prozent. Wer sich mehr zutraut, kann mit börsengehandelten Fonds (Exchange Traded Funds, ETFs) verschiedene Anlageklassen, Länder und Branchen berücksichtigen. «K-Geld» veröffentlicht in jeder Ausgabe eine Übersicht über ETFs.
Es ist allerdings auch kein Fehler, 100 000 Franken auf einem Sparkonto zu lagern. Die Zinsen sind zwar praktisch bei null – aber die Teuerung auch.