Ein Jahresabo eines regionalen Verkehrsverbunds kostet rasch einen vierstelligen Betrag. Bündner zahlen für ein Generalabo der Rhätischen Bahn 1730 Franken, Berner für sechs Zonen im Libero-Verbund sogar 2252 Franken.
Für Pendler mit knappem Budget liegt deswegen oft nur ein Monatsabo drin. Die Bahnen erhalten auch für diese Abos das Geld im Voraus. Sie bestrafen aber die Monatskunden aufs Jahr gerechnet mit einem Zuschlag von bis zu 60 Prozent. Beim Tarifverbund Ostschweiz etwa kostet das Jahresabo für eine Pendlerstrecke über fünf Zonen 1638 Franken – zwölf Monatsabos kosten 2184 Franken. Kunden mit einem Monatsabo zahlen also für dieselbe Dienstleistung 546 Franken mehr – das ist ein Zuschlag von 33 Prozent (siehe Tabelle im PDF).
Berechnungen von saldo zeigen: Wer sich kein Jahresabo leisten kann, fährt besser, wenn er dafür bei einer Bank einen Kleinkredit aufnimmt. Bei fünf Zonen des Tarifverbunds Ostschweiz würde ein per Kleinkredit vorfinanziertes Jahresabo beim höchsten erlaubten Zinssatz von 10 Prozent rund 1724 Franken kosten. Ersparnis gegenüber 12 Monatsabos: rund 460 Franken. Banken dürfen für Konsumkredite maximal einen effektiven Jahreszins von 10 Prozent verlangen.
Unter der Preispolitik der Verkehrsverbünde leiden besonders diejenigen Kunden, die zu wenig Geld haben, um ein Jahresabo im Voraus bezahlen zu können. Verantwortlich für die Tarife sind Betriebe, die grösstenteils der Bevölkerung gehören. So besitzen etwa die Ostschweizer Gemeinden und Kantone sowie der Bund die Mehrheit an der Schweizerischen Südostbahn AG. Die öffentliche Hand besitzt über 84 Prozent der BLS AG. Und die Rhätische Bahn gehört zu 95 Prozent dem Kanton Graubünden und der Eidgenossenschaft.
Mit Kleinkredit spart man fast 1000 Franken pro Jahr
Die Preispolitik der Rhätischen Bahn ist besonders stossend: Ein «Bündner Generalabo» kostet 1730 Franken im Jahresabo. Wer sich nur das Monatsabo für 230 Franken leisten kann, hat nach zwölf Monaten 2760 Franken bezahlt. Das ist ein Zuschlag von rund 60 Prozent. Wer einen Kleinkredit für ein Jahresabo aufnimmt, spart beim höchstmöglichen Zins von zehn Prozent pro Jahr 939 Franken gegenüber zwölf Monatsabos.
Auch die Monatsabos anderer Tarifverbünde wie A-Welle (Mittelland), Passepartout (Zentralschweiz), Zürcher Verkehrsverbund, Tarifverbund Nordwestschweiz und jene im Raum Schwyz/Zug sind im Vergleich zum Jahresabo so überteuert, dass ein Bankkredit günstiger wäre. Die Tarifverbünde des öffentlichen Verkehrs rechtfertigen sich damit, dass ihre Preispolitik von einem Monatsabo ausgehe und das Jahresabo einen Treuerabatt enthalte.
Preisüberwacher war nur teilweise erfolgreich
Preisüberwacher Stefan Meierhans intervenierte 2017 gegen diese Preispolitik. Er erreichte zumindest auf nationaler Ebene beim Generalabo bessere Tarife. Dauerkunden mit einem Monats-Generalabo erhalten seither ab dem zweiten Jahr einen «Treuerabatt» von 5 bis 15 Franken.
Weniger erfolgreich war der Preisüberwacher dagegen bei den regionalen Tarifverbünden. Er forderte, dass Streckenabos weiterhin als Jahres- und Monatsabos angeboten werden. Für Dauerkunden mit geringem Budget schlug er aber die Einführung eines Abzahlungsabos vor. Dabei hätten sich Kunden ein Jahr lang zur Zahlung von monatlichen Rechnungen verpflichtet. Diese wären jedoch günstiger gewesen als ein gewöhnliches Monatsabo. Meierhans ging davon aus, dass diese Anpassung «ohne grossen Aufwand umsetzbar» sei. Die Tarifverbünde liessen aber bisher alles beim Alten. Sie schreiben saldo nur, dass «neue Preismodelle» geprüft würden.
Treue Kunden haben das Nachsehen
Die SBB locken zurzeit mit grossen Rabatten, damit ehemalige Kunden ihr Generalabo erneuern: Das Abo für die 2. Klasse ist 400 Franken günstiger, das Abo für die 1. Klasse sogar 700 Franken. Der Brief mit diesem Angebot ging an rund 27 000 ehemalige Generalabobesitzer, wie der «Sonntagsblick» schrieb. Hintergrund: Über 100 000 Pendler hatten ihr Generalabo während der Coronapandemie gekündigt. Wer dem Generalabo die Treue hielt, erhält keinen Rabatt, sondern nur eine Mitfahrtageskarte.