Die Regeln bei Gebühren sind eigentlich simpel: Schweizer Ämter dürfen für ihre Dienstleistungen nur so viel Gebühren verlangen, dass sie ihre Kosten decken können.
Bei vielen Strassenverkehrsämtern scheint dieses Prinzip nicht allzu hoch im Kurs zu stehen. Das geht aus der jüngsten Erhebung der Eidgenössischen Finanzverwaltung zu den Gebühren in Kantonen und Gemeinden hervor. Dieser Gebührenindex bezieht sich aufs Jahr 2017 und zeigt: Die Einnahmen der kantonalen Strassenverkehrsämter waren im Durchschnitt um 22 Prozent höher als die Kosten, die ihnen aus ihren Aufgaben erwuchsen. Zum Vergleich: 2008 betrug der Gebührenüberschuss erst 10 Prozent.
Sehr unterschiedliche Preise für das Gleiche
Am grössten war das Missverhältnis laut den neusten Zahlen in den Kantonen Tessin, Genf und Appenzell Innerrhoden. Dort übertrafen die Einnahmen der Strassenverkehrsämter die Kosten um mehr als 70 Prozent. Gesamthaft verlangten 21 der 26 kantonalen Ämter zu viel (siehe Grafik im PDF).
Ebenfalls stossend: Die Preise für die genau gleichen Amtshandlungen sind von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich. So kostet ein Führerausweis im Kreditkartenformat in den Kantonen Aargau und Zürich 35 Franken, in Basel-Stadt aber 75 Franken. Für die Fahrprüfung wiederum muss man in St. Gallen 150 Franken, im Wallis nur 90 Franken hinblättern.
Preisüberwacher Stefan Meierhans nahm die kantonalen Strassenverkehrsämter schon dreimal unter die Lupe. Bei der letzten Analyse im Jahr 2018 kam er zum Schluss: «Gesamthaft betrachtet ist die Situation nach wie vor unbefriedigend.» Denn die Kundschaft zahlreicher Ämter zahle noch immer zu viel.
Im Visier hat Meierhans hauptsächlich jene Strassenverkehrsämter, die in seiner Untersuchung überdurchschnittlich viel verlangten und zudem gemäss Gebührenindex eine hohe Kostenüberdeckung aufwiesen. Das trifft auf die Kantone Baselland, Genf, Graubünden, St. Gallen, Tessin und Wallis zu.
Der Tadel des Preisüberwachers hat teilweise schon etwas bewirkt: Das Genfer Strassenverkehrsamt sagt gegenüber saldo, man habe bereits einige Kürzungen vorgenommen. St. Gallen senkt diverse Gebühren auf Anfang nächsten Jahres und rechnet mit Mindereinnahmen von 5,2 Millionen Franken pro Jahr. Im Aargau ist zumindest eine Überprüfung der Gebühren geplant, im Wallis gar schon beschlossen.
Das Walliser Strassenverkehrsamt macht aber geltend, die Überdeckung sei geringer als von der Finanzverwaltung beziffert. Auch Appenzell Innerrhoden und Bern erklären ausführlich, bei korrekter Kalkulation keine oder höchstens eine geringe Kostenüberdeckung zu haben. Das Tessiner Strassenverkehrsamt gibt an, der Gebührenindex stütze sich in seinem Fall auf «unvollständige» Daten.
Ähnlich tönts in Graubünden: Die Regierung erklärt, der Gebührenindex berücksichtige «die konkreten Gegebenheiten im Kanton Graubünden nicht oder nur unzureichend». Eine Gebührensenkung wäre zudem «für die einzelnen Betroffenen kaum spürbar».
Preisüberwacher: «Gebühren dringend prüfen»
Für solche Argumente hat Preisüberwacher Meierhans kein Musikgehör: «Es zeugt von wenig Problembewusstsein, wenn die Verantwortlichen
die Missstände kleinreden, indem solche Beträge als lächerlich dargestellt werden.» Auch die Kritik mancher Ämter an den Berechnungen der Finanzverwaltung lässt er nicht unwidersprochen: Es sei Sache der Kantone, ihre Zahlen «den Verfassern des nationalen Gebührenindex so zur Verfügung zu stellen, dass diese aussagekräftig sind und richtig ausgewertet werden können».
Unter dem Strich ist für Preisüberwacher Stefan Meierhans klar: Wo Gebühren die Kosten übersteigen, müssen Gebührensenkungen dringend geprüft werden. Er werde die teuren Kantone in Kürze wieder auffordern, das Kostendeckungsprinzip besser einzuhalten. «Nur so wird erreicht, dass Kundinnen und Kunden der Strassenverkehrsämter in allen Kantonen künftig nur noch für Kosten aufkommen müssen, die sie effektiv verursachen.»