Auslandgespräche: Tiefe Tarife als Lockvogel
Dutzende Anbieter versprechen sehr günstige Tarife für Auslandgespräche. Doch vielfach handelt es sich um temporäre Rabatte.
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saldo 11/2008
10.06.2008
Mirjam Fonti
Eine Gesprächsminute nach Saudi-Arabien kostet bei der Swisscom Fr. 1.25 – nur gerade 1 Rappen verlangt hingegen Tieftarife.ch für eine Minute ins gleiche Land. Neben Tieftarife.ch buhlen Dutzende Anbieter um die Gunst der Kunden. Ihre Offerte: günstige Anrufe dank Call-by-Call oder Callthrough.
Mit Call-by-Call wird die Möglichkeit bezeichnet, sich vor jedem Anruf mittels einer fünfstellig...
Eine Gesprächsminute nach Saudi-Arabien kostet bei der Swisscom Fr. 1.25 – nur gerade 1 Rappen verlangt hingegen Tieftarife.ch für eine Minute ins gleiche Land. Neben Tieftarife.ch buhlen Dutzende Anbieter um die Gunst der Kunden. Ihre Offerte: günstige Anrufe dank Call-by-Call oder Callthrough.
Mit Call-by-Call wird die Möglichkeit bezeichnet, sich vor jedem Anruf mittels einer fünfstelligen Vorwahl für einen anderen Anbieter zu entscheiden. Dazu muss man sich anmelden. Die Gespräche werden direkt mit dem Anbieter abgerechnet, mittels Kreditkarte, Vorauszahlung oder Rechnung.
Bei der Nutzung von Callthrough ist keine Anmeldung nötig. Der Kunde wählt zunächst die Einwahlnummer des Anbieters. Dabei handelt es sich meist um 0840er- oder 0900er-Nummern. Erst in einem zweiten Schritt wählt er die Zielnummer. Der Callthrough-Anbieter baut dann auf einer zweiten Leitung eine Verbindung zum Angerufenen auf und schaltet beide Teilnehmer zusammen. Die Abrechnung erfolgt über die Rechnung des eigenen Telefonanbieters.
Fast die Hälfte der Angebote stammt von derselben Firma: der holländischen Solaris Systems BV. Zu dieser Gruppe gehören die Call-by-Call-Anbieter 10787 und 10881 sowie die Callthrough-Anbieter Raptel, Helvatel, Schweiztel, Budgettarife und Teleswiss.
Solaris-Angebote: Kunden erhalten keine Auskünfte
saldo wollte von Solaris wissen, worin der Nutzen der vielen, fast identischen Angebote liegt. Doch eine Kontaktaufnahme ist nicht möglich. Alle Angebote werden online beworben, auf der Website findet sich nirgendwo eine Telefonnummer. Ein Kontakt per E-Mail ist nur auf Umwegen möglich – auf eine Antwort warten Kunden meist vergeblich.
Dies bestätigt der Online-Vergleichsdienst Teltarif.ch: «Die Firma Solaris ist sehr schlecht beziehungsweise gar nicht zu erreichen. Auch uns liegen keine Kontaktdaten vor», so Sprecherin Rafaela Tschöp. Dies ist vor allem dann problematisch, wenn mit der Abrechnung etwas nicht stimmt.
Fazit: Die Call-by-Call-Angebote der Solaris-Gruppe meidet man besser.
Die Callthrough-Angebote bieten etwas mehr Sicherheit, da mittels der ordentlichen Rechnung gezahlt wird. Dafür werden zahlreiche Zuschläge fällig. Zum Beispiel bei Tieftarife.ch. Der Anruf nach Saudi-Arabien kostet offiziell 1 Rappen. Doch selbst ein gescheiterter Anrufversuch kostet ab der ersten Sekunde.
Zuerst erfolgen Begrüssung und Erklärung und erst dann kann der Kunde die Nummer wählen. Allein so verstreicht eine Minute. Und wird von einem Handy aus angerufen, wird es nochmals teurer. Mit einem Swisscom-Prepaid-Handy zum Beispiel fallen pro Minute zusätzlich 80 Rappen an. Bei Anrufen über eine 0900er-Nummer kommt noch ein Einwahlentgelt von 10 Rappen hinzu.
Der Anrufer bezahlt also bereits 1 Franken oder mehr, bevor die Verbindung zustande gekommen ist. Die Gebühren fallen auch an, wenn der Angerufene nicht zu Hause oder besetzt ist. Bei Swisscom hätte der Anruf in diesem Fall nichts gekostet.
Vorsicht bei Anbietern, die Vorauszahlungen verlangen
Bei den extrem günstigen Angeboten handelt es sich in der Regel um Lockvögel. Einzelne Destinationen werden für kurze Zeit sehr günstig angeboten und beworben. Wenige Wochen später kommt wieder der um ein Vielfaches höhere Normaltarif zum Tragen. Es ist deshalb wichtig, jedes Mal zu überprüfen, ob der günstige Tarif noch gültig ist.
Zumindest das wird einem bei den Solaris-Angeboten einfach gemacht: Vor jedem Gespräch werden die Kosten pro Minute genannt. Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Gemäss dem Bakom ist eine Tarifansage bei 0900er-Nummern mit Minutentarifen unter 2 Franken nicht obligatorisch.
Vorsicht ist auch angebracht bei Call-by-Call-Anbietern, die hohe Vorauszahlungen verlangen wie Mytel und Phone-for-less. Mindestens 50 Franken müssen angezahlt werden. Noch weiter geht die Primus Telecommunications: Sie hat eine Verwaltungsgebühr eingeführt, die eine Belastung von 10 Franken vorsieht, sofern der kumulierte Umsatz über 3 Monate 25 Franken nicht übersteigt.
Trotzdem: In vielen Fällen lohnt sich die Nutzung einer Vorwahl. Destinationen wie China oder Brasilien werden für 1 bis 2 Rappen pro Minute angeboten. Bei der Swisscom kosten die Anrufe in diese Länder 65 Rappen pro Minute, bei Sunrise 50 Rappen.
Billige Telefontarife: Darauf muss man achten
Möchte man die Billigangebote nutzen, gilt es folgende Punkte zu beachten:
- Einen Anbieter ohne Anmeldung wählen, bei dem über die Festnetzrechnung abgerechnet wird.
- Falls man doch einen Anbieter mit Anmeldung nutzen möchte, keine automatische Kreditkartenbelastung erlauben oder Guthaben vorauszahlen. Oft verfällt dieses schon nach kurzer Zeit – bei Schweiztel etwa nach 90 Tagen.
- 0900er- und 0848er-Nummern nicht vom Handy aus anrufen, da je nach Mobilfunkanbieter hohe Zuschläge erhoben werden (bis 80 Rappen pro Minute).
- Die günstigen Tarife lohnen sich vor allem für lange Gespräche. Dann fallen die Zuschläge kaum ins Gewicht, während sie bei kurzen oder erfolglosen Anrufen die Ersparnis zunichte machen.
- Aktionstarife vor dem Anruf nochmals prüfen. Die Tarife auf den Homepages sind nicht immer aktuell, deshalb nur Anbieter mit Tarifansage berücksichtigen.
- Unter www.teltarif.ch/festnetz/rechner.html kann man errechnen, wer für welches Land und welche Anrufdauer am günstigsten ist. Zuschläge werden mit eingerechnet, nicht aber die Taktung. Diese hängt vom Anschlussanbieter ab.