Heute darf Ware im Wert von 300 Franken zollfrei in die Schweiz eingeführt werden – mit wenigen Ausnahmen, wie etwa Alkohol und Fleischwaren. Davon profitieren Menschen mit knappem Budget, die im Ausland einkaufen. Der Bund will nun aber die Zollfreigrenze senken: Ab 2025 sollen Kunden bereits Einkäufe ab 150 Franken verzollen und je nach Waren 8,1 Prozent Mehrwertsteuer draufzahlen müssen.
Detailhändler und Lebensmittelproduzenten wollen den Einkauf im Ausland noch unattraktiver machen: Der Bund soll die Zollfreigrenze auf 50 Franken senken, fordern die Swiss Retail Federation, die IG Detailhandel und der Fleischfachverband. Dazu zählen Aldi, Coop, Denner, Landi, Migros und Manor, aber auch die Fleischverarbeiter Micarna und Bell, die im Besitz von Migros und Coop sind.
Für die Umsetzung einer tieferen Zollfreigrenze müsste Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP) eine Verordnung ihres Finanzdepartements anpassen. Die Behörde schickte die vom Bundesrat geplante Senkung auf 150 Franken im November in die Vernehmlassung.
saldo hat die Stellungnahmen ausgewertet. Interessant: Der Wortlaut einzelner Politiker ist teilweise gleich wie die Eingaben der Grossverteiler und der Branchenorganisationen. Die Detailhändler hatten bei ihrer Lobbyarbeit vor allem bei den Regierungen der Kantone St. Gallen und Thurgau Erfolg. Beide fordern vom Bundesrat ebenfalls die Senkung des Freibetrags auf 50 statt 150 Franken.
Verschärfung ist wirkungslos gegen Auslandeinkäufe
Noch stärker einspannen liess sich die St. Galler Regierung: Sie kopierte in grossen Teilen eine Medienmitteilung des Detailhändlerverbands und schickte sie nach Bern. Aus «Die Swiss Retail Federation fordert …» wurde so etwa «Wir fordern …».
Die beiden Kantone begründen ihr Vorpreschen damit, dass die lokale Wirtschaft wegen der Grenznähe besonders unter dem «Einkaufstourismus» leide. Der Kanton St. Gallen gibt zu, dass man sich mit «den Positionen verschiedener Akteure auseinandergesetzt» habe. Deshalb gebe es Parallelen zur Antwort der Swiss Retail Federation.
Das Beispiel des Kantons Basel-Stadt zeigt, dass man auch als Grenzkanton das Wohl der Konsumenten an erste Stelle setzen kann. Der Regierungsrat lehnt die Verteuerung des Auslandeinkaufs ab und kritisiert, dass eine Senkung des Zollfreibetrags «zulasten der Konsumenten» ginge.
Kritik am Bundesrat gibt es auch vom eidgenössischen Preisüberwacher Stefan Meierhans: Eine tiefere Zollfreigrenze hätte aufgrund der hohen Schweizer Preise «kaum Auswirkungen auf den Auslandeinkauf».
Die Liste der National-, Stände- und Regierungsräte, die das Einkaufen im Ausland verteuern wollen, finden Sie hier.