Der Marine Stewardship Council (MSC) ist das weltweit wichtigste Ökolabel für Wildfisch. In den vergangenen Jahren ist das Geschäft mit MSC-zertifiziertem Fisch stark gewachsen. Fast jeder sechste Meeresfisch gelangt nach Berechnungen der Umweltschutzorganisation WWF inzwischen mit dem Label in die Läden.
Auch der Appetit der Schweizer Kunden nach Fisch steigt stetig. In den vergangenen 25 Jahren nahm der Konsum von Meerfischen und anderen Meerestieren um 60 Prozent zu. Schweizer essen durchschnittlich rund 9 Kilogramm pro Jahr – das sind insgesamt rund 75 000 Tonnen.
Experten kritisieren zu lockere Vergabe des Labels
Die steigende Nachfrage nach Fisch hat negative Folgen. Meeresforscher und Biologen kritisieren die zu lockere Vergabe von Zertifizierungen. Sie monieren, dass MSC-Fischereien den Meeresboden mit Schleppnetzen zerstören. Oder dass Delfine stark gestresst werden und sogar in den Fangnetzen elendiglich sterben. Zudem beklagen sie, dass mehr Fische und Meerestiere gefangen würden als wieder nachwachsen. Bestimmte Fischpopulationen würden so stark schrumpfen, dass die Art gefährdet sei.
Einer der Kritiker ist der Meeresbiologe Rainer Froese vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel (D). 2016 prüfte er zusammen mit Wissenschaftern der Kieler Christian-Albrechts-Universität sowie weiteren internationalen Experten die Verlässlichkeit des MSC-Siegels an nordeuropäischen Fischbeständen.
Die Forscher fanden heraus, dass mehr als zehn Bestände stärker befischt werden, als ökonomisch sinnvoll und ökologisch vertretbar wäre. Darunter sind etwa Tiere wie Dorsch, Schellfisch, Wittling, Seezunge und Scholle. Das sei auch heute noch so, sagt Froese. «Die Regeln des MSC haben sich leider nicht geändert und erlauben immer noch Überfischung, den Einsatz von Grundschleppnetzen und die Fischerei in Schutzgebieten.»
WWF erhob Einsprache gegen MSC-Zertifizierungen
Er ist nicht der einzige Kritiker. Rund 80 Umweltschutz- und Meeresorganisationen haben sich zur Vereinigung Make Stewardship Count zusammengeschlossen. Die Experten kritisieren, dass der MSC Fischereien zertifiziere, die gefährdete Fischarten ignorieren würden.
Zu den MSC-Kritikern zählt auch der WWF. Er gründete das Label 1997 gemeinsam mit dem Nahrungsmittelkonzern Unilever. Mittlerweile sind die Zertifizierer des MSC unabhängig. Im vergangenen Januar erhob der WWF Einspruch gegen die geplante MSC-Zertifizierung des atlantischen Blauflossen-Thunfischs. Die langfristige Erholung des Königs unter den Thunfischen im Atlantik sei gefährdet. «Es ist schockierend, dass der MSC eine Zertifizierung für diese Fischerei überhaupt in Betracht zieht», sagt Catherine Vogler, WWF-Verantwortliche für Meeresfische.
Insgesamt wehrte sich der WWF bis jetzt gegen 17 vorgeschlagene Zertifizierungen: etwa gegen die Grundfisch-Fischerei in der Nordsee, die Thunfisch-Fischerei im nordöstlichen tropischen Pazifik und die Thunfisch-Fischerei mit Lockbojen im Indischen Ozean. «Leider konnten wir die Zertifizierungen nicht verhindern, aber uns in sechs Fällen mit Fischereien und Zertifizierern auf Nachbesserungen einigen», sagt Catherine Vogler.
«MSC ist das beste Wildfisch-Zertifikat im Markt»
Der WWF empfiehlt das Label MSC weiterhin, obwohl er nicht jede Zertifizierung mittragen kann. «Nicht als Allheilmittel, aber als bestes Wildfisch-Zertifikat im Markt.» Laut WWF ist ein Drittel der Bestände überfischt, ein Drittel des weltweiten Fangs sei illegal. Das sei das grosse Problem – nicht die 15 Prozent des weltweiten Fangs mit MSC-Zertifikaten.
Auch für die Migros ist MSC das strengste Label für nachhaltigen Wildfang. «Wir sind jedoch der Meinung, dass der Standard weiterentwickelt und verbessert werden muss», sagt Sprecher Patrick Stöpper. Aldi fordert vor allem die Unabhängigkeit der Zertifizierungsagenturen. Coop und Lidl erklären, im Austausch mit den Lieferanten Verbesserungen zu erreichen.
Empfehlenswerte Meeresfische und -früchte mit MSC-Label
Die oben aufgeführten Fische und Meeresfrüchte aus Wildfang mit MSC-Label kann man mit gutem Gewissen kaufen und geniessen. Die Gründe: Einzelne Fischarten vermehren sich schnell oder haben viele Nachkommen. Das gilt etwa für den Alaska Seelachs, Sardinen, Sardellen und Schwertfische. Bei andern Arten sind die Bestände gross, wie etwa beim pazifischen Lachs. Solche Fischarten sind relativ unempfindlich gegenüber der Fischerei. Beim Kauf von Thunfisch (echter Bonito/Skipjack) und Gelbflossenthunfisch sollte man darauf achten, dass diese nicht aus dem östlichen Pazifik stammen. Beim Fang dieser Fische mit Schnellbooten werden auch Delfine in Mitleidenschaft gezogen. (Quelle: WWF)