Konsumenten suchen oft im Internet nach Bewertungen oder Tests, um das beste Produkt zu finden. Das machen sich Händler und Internetportale zunutze. Sie werben mit positiven Bewertungen, Tests und Ranglisten. Doch darauf ist kein Verlass.
Beispiel Google-Sterne: saldo zeigte schon vor einem Jahr, dass jeder Händler oder Dienstleister Google-Sterne kaufen kann (saldo 4/2020). Das bestätigte im Dezember eine Recherche der ZDF-Fernsehsendung «Frontal 21». Im Beitrag «Fake mit fünf Sternen» belegten die Journalisten, dass Unternehmen wie zum Beispiel Fivestar-Marketing und Goldstar positive Bewertungen verkaufen – etwa für Rechtsanwälte, Coiffeure oder Restaurants. Hundert positive Bewertungen auf Google oder dem Ärztebewertungsportal Jameda kosten zum Beispiel 879 Euro. Studenten verdienen sich ein schönes Taschengeld, indem sie frei erfundene Bewertungen abgeben.
Für die Kunden kann das drastische Folgen haben. In der Reportage berichten mehrere junge Frauen über missglückte Schönheitsoperationen, die zu schweren Gesundheitsschäden führten. Alle Patientinnen hatten aufgrund von Empfehlungen angeblicher Kundinnen auf Chirurgen mit fünf Sternen gesetzt.
Firma in Zürich verkauft positive Google-Bewertungen
saldo-Recherchen zeigen: Auch in der Schweiz lassen sich Google-Sterne kaufen, etwa auf der Website Viplikes.ch. Das Unternehmen bietet Fünf-Sterne-Bewertungen bei Google zum Kauf an. 30 Bewertungen kosten knapp 50 Franken. An der angeblichen Adresse an der Uraniastrasse 6 in Zürich ist Viplikes nicht zu finden. Ein telefonischer Kontakt ist nicht möglich. Die Internetseite ist in fehlerhaftem Deutsch verfasst. So heisst es etwa: «Warum müssen wir Text 5 Sterne betrügen?»
Trotz der Käuflichkeit der Sterne stützt etwa der «Tages-Anzeiger» ganze Artikelserien über die Qualität von Burgerimbissen auf Google-Bewertungen. Die Redaktion lancierte im November eine Artikelserie «Sterne für Zürich», in der die angeblich besten und schlechtesten Restaurants der Stadt aufgelistet werden – allein auf Google-Sternen basierend.
Käuflich sind auch Bewertungen von Internethändler Amazon, wie das Beispiel eines saldo-Lesers aus Pratteln BL zeigt. Er kaufte Druckerpatronen der Firma Kingdom Toner. Anschliessend erhielt er vom Lieferanten einen Brief mit der Aufforderung, das erworbene Produkt bei Amazon mit fünf Sternen zu bewerten. Als Gegenleistung dafür erhalte er eine «Amazon-Geschenkkarte» im Wert von 30 Euro.
Auch die ZDF-Dokumentation enthüllt, wie Händler Leute suchen, die bei Amazon positive Kundenreaktionen vortäuschen und dafür den entsprechenden Artikel geschenkt bekommen. Die Journalisten konnten sich auf diese Weise einen ganzen Wohnraum mit Gratisprodukten einrichten.
Ebenfalls mit Vorsicht zu geniessen sind Ranglisten – etwa von Berufsgruppen oder Dienstleistern. Sie werden meist gemeinsam mit Branchenverbänden organisiert oder dienen dem Verkauf von Zertifikaten. So publiziert zum Beispiel die «Sonntags- Zeitung» jedes Jahr ein Rating der angeblich besten Hotels der Schweiz. Die Beurteilung stützt sich jedoch nur auf 16 Personen, von denen die Mehrheit selbst in der Hotellerie und im Tourismus tätig ist. Auch die Hotelvereinigungen reden bei der Vergabe der Noten mit.
Vorsicht ist auch angezeigt, wenn Produkte mit einem Testlabel beworben werden («K-Tipp» 11/2020). In der Regel handelt es sich um eigene Tests der Hersteller oder unwissenschaftliche Beurteilungen, hinter denen Eigeninteressen stecken. Ein Beispiel: Vor einigen Monaten rief das Schweizer Medienunternehmen Ringier das Internetportal Daskannwas.ch ins Leben. Dort finden sich «Tests» und «Vergleiche», etwa von Smartphones, Staubsaugern oder Spielkonsolen. Es handelt sich aber nicht um Labortests, die Berichte sind auch nicht unabhängig.
Ringier bestätigt auf Anfrage, dass die Produkte von den Herstellern zur Verfügung gestellt werden. Die Waren werden leihweise von einem Redaktor zu Hause ausprobiert. Das Portal finanziert sich über Werbung und Internetlinks zu Händlern.
Auch Galaxus präsentiert den Kunden in seinem Internetmagazin immer wieder «Tests», bei denen eine einzige Person Produkte ausprobiert und die dabei gemachten Erfahrungen schildert. So vergleicht eine Angestellte des Unternehmens schmutzabweisende Tischtücher. Sie versprüht dazu Sirup auf den Tüchern. Ihr Fazit: «Alle drei Tücher lassen Flüssigkeit abperlen und halten, was sie versprechen.» Die «getesteten» Produkte sind jeweils mit dem Shop verlinkt.
Für Galaxus dienen die Beiträge nur dazu, Produkte zu verkaufen. Das bestätigt der Händler in einem Blogbeitrag zum Thema Tests denn auch: «Uns spielt es keine grosse Rolle, ob du dieses oder jenes Smartphone kaufst. Solange du es bei uns kaufst.»
So fallen Sie nicht auf Fake-Bewertungen rein
Seriöse Tests enthalten stets Angaben dazu, welches Labor nach welchen Kriterien getestet hat. Zudem sind solche Tests nie mit Internetseiten von Händlern oder Herstellern verknüpft und verfolgen keine kommerziellen Interessen.
Kundenbewertungen sind höchstens dann verlässlich, wenn die Bewerter das Produkt oder die Dienstleistung nachweislich selber bezogen und bezahlt haben und die Bewertung unabhängig von den Herstellern oder Händlern erfolgte. Beim Hotelportal Booking.com ist das beispielsweise der Fall. Dort können nur Kunden Bewertungen abgeben, die tatsächlich im besprochenen Hotel gebucht und bezahlt haben.
Ranglisten sind nur dann aussagekräftig, wenn sie von einer unabhängigen Jury ohne Eigeninteressen erstellt werden.