Dank der Bluetooth-Funktechnologie kann man ohne Kabel Musik hören und telefonieren. Immer mehr Hörgeräte enthalten Bluetooth-Sender. Damit lassen sich der Ton des Fernsehgeräts, der Musikanlage und anderer Tonquellen direkt aufs Hörgerät übertragen. Man kann auch freihändig telefonieren. Denn der Funksender überträgt Telefongespräche drahtlos vom Handy auf das Hörgerät.
Die Kehrseite: Die Hörgeräte verursachen elektromagnetische Strahlen. Das zeigen Messungen des Elektrosmog-Fachmanns Peter Schlegel aus Esslingen ZH. Er hat die Funkstrahlung von vier Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten der Marken Phonak, Starkey und Widex aus der preislichen Mittel- bis Oberklasse gemessen. Dabei zeigte sich: Im Standby-Modus, also im normalen Betriebszustand, verursachten die Hörgeräte eine Strahlung im Bereich von 0,41 bis 0,7 Volt pro Meter (V/m). Zum Vergleich: Der Richtwert des europäischen Baubiologenverbands für den Standby-Modus beträgt 0,06 V/m. Die von Peter Schlegel gemessenen Werte sind damit rund zehn Mal höher (siehe Tabelle im PDF).
Der Elektrosmog-Experte Manfred Mierau aus Aachen (D) prüfte die Strahlenbelastung von Hörgeräten ebenfalls. Er bestätigt: Bei seinen Messungen habe er Resultate in der gleichen Grössenordnung ermittelt. Bei elektrosensiblen Personen können die Strahlen laut Mierau Beschwerden verursachen, zum Beispiel Unwohlsein oder Kopfschmerzen. Zwar seien die Funkstrahlen von Hörgeräten in der Regel weniger stark als die von Handys, sagt Mierau. Nur: Die Hörgeräte bestrahlen den Kopf den ganzen Tag, nicht nur während der Dauer eines Telefongesprächs. Und sie liegen dicht am Kopf der Träger.
Hörgeräte enthalten neben dem Bluetooth-Sender manchmal noch eine zweite Strahlenquelle, den NFMI-Funksender: Er ermöglicht das gegenseitige Abstimmen der beiden Hörgeräte. Laut Manfred Mierau verursacht der NFMI-Funk viel geringere Strahlenstärken als Bluetooth. Er sei vermutlich auch für Elektrosensible in der Regel kein Problem.
Elektrosmog-Experte Schlegel sagt, die Strahlen der Hörgeräte seien vergleichbar mit der Dauerbelastung, die ein Internetrouter mit aktiviertem WLAN in wenigen Metern Abstand verursacht. Deshalb empfiehlt Schlegel: «Wer seine Strahlenbelastung gering halten will, sollte kein Gerät mit Bluetooth kaufen.» Allerdings sind nur noch wenige Modelle ohne Bluetooth-Technik auf dem Markt. Es sind meist günstige Einsteigergeräte, zum Beispiel Phonak Vitus oder Sonetik-Geräte, die in Apotheken und Drogerien erhältlich sind.
Bluetooth-Funktion möglichst ausschalten
Wer ein Hörgerät mit Bluetooth-Sender besitzt, sollte diese Funktion ausschalten, wenn man sie nicht braucht. Das ist nicht einfach. Der Zuger Hörgeräteakustiker Nico Tomasini hat sich auf elektrosensible Personen spezialisiert. Er sagt, das Ausschalten des Senders funktioniere bei jedem Hörgerät anders, bei einigen sei es nicht möglich.
Tomasini empfiehlt, sich im Fachgeschäft zu erkundigen, wie es geht. Das Ausschalten kann gewisse Funktionen beeinträchtigen: Einige Geräte können dann die Lautstärke und andere Funktionen nicht mehr automatisch anpassen.
Einfacher ist es, die Hörgeräte in den Flugmodus zu versetzen. Dann schweigt der Bluetooth-Sender. Allerdings muss man den Flugmodus jeden Tag von neuem aktivieren, wenn man die Hörgeräte einschaltet.
Laut Sonova, die Phonak-Hörgeräte herstellt, ist die Strahlung «sehr gering» und wesentlich kleiner als bei Mobiltelefonen oder anderen elektronischen Geräten. Die Phonak-Produkte würden die europäischen Normen erfüllen. Hersteller Starkey erklärt, seine Geräte seien entsprechend gesetzlicher Vorschriften von Laboren geprüft und freigegeben. Bei Starkey-Geräten könne man die Bluetooth-Funktion nicht ausschalten, es gebe auch keinen Flugmodus. Starkey verkaufe aber auch Geräte ohne Funktechnik.