Auch Coop und Migros kaufen im Ausland ein

Coop und Migros kaufen mit den Gewinnen aus der Schweiz im Ausland Grossunternehmen auf – statt zu Hause die Preise zu senken.

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saldo 19/2012

21.11.2012

Eric Breitinger

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Konsumenten, die ennet der Grenze einkaufen, müssen sich von den Detailhändlern viel anhören. Migros-Manager warfen ihnen in Interviews «ökologisch fragwürdiges» Verhalten vor. Und dass sie dem Staat Steuern entziehen. Coop-Chef Joos Sutter machte sie im «Sonntag» indirekt dafür verantwortlich, dass durch den Umsatzverlust «die Löhne für 10 000 bis 12 000 Mitarbeiter» fehlen. Er forderte, die Schweizer Zollfreigrenze sei zu senken.

Auch der Botschafter in Berlin drängte den deutschen Finanzminister dazu, die Mehrwertsteuer-Rückerstattung für Kunden aus der Schweiz zu kürzen. Für Einkäufe unter 100 oder sogar unter 250 Euro sollten sie keinen Anspruch mehr auf Rückerstattung haben (saldo 18/2012).

Die beiden Grossverteiler gehen aber mit schlechtem Beispiel voran. Sie kaufen nicht nur einen Teil der Waren im Ausland, sondern gleich ganze Unternehmen. An Geld dazu mangelt es nicht: Die Migros-Gruppe hortete laut Geschäftsbericht Ende des letzten Jahres 4,6 Milliarden Franken an flüssigen Mitteln. Coop sass auf 440 Millionen Franken plus 130 Millionen Franken in Wertschriften.

Migros: Kauft in Deutschland für viel Geld ein

Jüngstes Beispiel: Migros Zürich erwarb den deutschen Detailhändler Tegut für geschätzte 200 bis 300 Millionen Franken. Die Migros will die Ladenkette mit rund 280 Filialen in Hessen und Thüringen mit einem «hohen zweistelligen Millionenbetrag» auf Vordermann bringen und weiter expandieren.

Ob das gut geht, ist fraglich. Die Migros Basel ist bereits ein gebranntes Kind. Sie betreibt fünf süddeutsche Filialen. Im letzten Jahr erwirtschafteten diese 65 Millionen Franken Umsatz – etwas weniger als im Vorjahr. Ein Migros-Sprecher räumt ein, dass diese Filialen «noch nicht gewinnbringend sind». Ende Jahr schliesst Migros eine Filiale in Reutlingen.

Schon in den 90er-Jahren hatte die Migros keine glückliche Hand im Ausland. 1993 beteiligte sie sich in Österreich zusammen mit der Handelsfirma Konsum an der Lebensmittelkette Familia und an Grossmärkten. Der Partner Konsum machte Pleite. Die Migros verlor 300 Millionen Franken.

Teuer könnte ein weiterer Expansionsversuch kommen. Migros Zürich will bis zu 50 Fünf-Sterne-Fitness-und- Wellness-Anlagen an deutschen «Top-Standorten» errichten. Letztes Jahr schrieb die Migros-Tochter Freizeit Deutschland 1,7 Millionen Franken Verlust.

Coop: Geschäfte von Deutschland bis nach Russland

Mit dem in der Schweiz verdienten Geld geht auch Coop im Ausland auf Einkaufstour. Anfang 2011 kaufte der Grossverteiler der Kölner Handelsgruppe Rewe ihren 50-Prozent-Anteil an der gemeinsam betriebenen Grosshandelsfirma Transgourmet ab. Geschätzter Kaufpreis: 1,5 Milliarden Franken. Coop besitzt nun allein das zweitgrösste Cash-&-Carry-Unternehmen in Europa mit über 8 Milliarden Franken Jahresumsatz.

Die Transgourmet-Holding schrieb laut «Handelszeitung» 2010 einen Verlust von fast 100 Millionen. Für 2011 spricht Coop nur von «schwarzen Zahlen». Für 2012 seien «Umsatz und Ertrag sehr zufriedenstellend». Coop will zudem in Russland 50 bis 70 neue Abholmärkte errichten. Investitionen: geschätzte 15 Millionen pro Markt.

Coop will sich zur Kritik an seinem Auslandengagement nicht äussern. Migros-Sprecher Urs Peter Naef begründet die Firmenkäufe damit, dass angesichts des gesättigten Inlandmarktes Wachstum nur noch ennet der Grenze möglich sei. Die Migros-Industrie sei auf zusätzliche Exporte angewiesen, um Arbeitsplätze zu sichern.

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