Wer in einer Apotheke rezeptpflichtige Medikamente bezieht, darf eine professionelle Beratung erwarten. Schliesslich verrechnen viele Apotheken dafür Extra-Kosten (siehe Kasten).
Doch wie gut ist die Beratung tatsächlich? saldo hat je 4 Apotheken in Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich besucht. Dabei verlangten die Testkunden bei je zwei Besuchen ein rezeptpflichtiges und ein rezeptfreies Präparat. Diese können kombiniert eingenommen schwere gesundheitliche Schäden hervorrufen.
Beim ersten Besuch legte saldo ein Arztrezept für das Antidepressivum Efexor vor und verlangte anschliessend das Hustenmittel Bexin. Bei der Kombination der beiden Präparate kann gemäss Packungsbeilage von Efexor das lebensbedrohliche Serotonin-Syndrom auftreten. Dieses führt zu ernsthaften Veränderungen der Funktionen im Gehirn, in den Muskeln und im Verdauungstrakt. saldo prüfte, ob die Apotheken dieses Problem erkannten und eine Alternative vorschlugen.
Ergebnis: 13 der 20 Apotheken gaben gleichzeitig beide Medikamente ab. 3 hatten Efexor nicht vorrätig, bestellten es jedoch. 14 Apotheken erwähnten das gesundheitliche Risiko nicht.
«Abgabe ohne Hinweise auf Wechselwirkung ist problematisch»
Beim zweiten Besuch gaben die Testkunden ein Rezept für den Blutverdünner Plavix ab und baten danach um das Schmerzmittel Aspirin. Die Kombination der beiden Medikamente erhöht die Gefahr von inneren Blutungen. Patienten dürfen die beiden Präparate gemäss Packungsbeilage von Plavix nur auf ausdrückliche Verordnung und unter Kontrolle eines Arztes gleichzeitig einnehmen. Resultat: Jede dritte Apotheke gab Plavix und Aspirin ohne Warnung ab.
Der Schweizerische Apothekerverband Pharmasuisse sagt zum Resultat der saldo-Stichprobe: «Eine Abgabe der beiden Produktkombinationen ohne Hinweis auf die Wechselwirkungen ist vor allem bei Plavix und Aspirin problematisch.» Die Resultate der Stichprobe liessen sich jedoch nicht verallgemeinern.
Auf den Arztrezepten von saldo waren Originalpräparate notiert, von denen es günstige Generika gibt. Die Krankenkassen bestrafen Patienten mit einem Selbstbehalt von 20 Prozent, wenn sie das teure Originalprodukt kaufen. saldo prüfte, ob die Apotheken auf Generika oder allfällige Mehrkosten für Originalpräparate aufmerksam machten.
Die Stichprobe zeigt: Wer ein günstiges Generikum möchte, muss es selbst verlangen: 11 Apotheken verkauften das Originalpräparat Efexor, ohne die günstigen Generika zu erwähnen. 13 verkauften die Packung Plavix, ohne auf Generika hinzuweisen.
Nur eine von zwanzig Apotheken bestand die Stichprobe
Fazit: Nur eine einzige der zwanzig getesteten Apotheken arbeitete vorbildlich und erwähnte bei beiden saldo-Besuchen sowohl die Wechselwirkungen wie auch die Generika: die Schwanen Apotheke in Bern.
Die meisten mit den Ergebnissen konfrontierten Apotheken wollen Lehren aus dem Test ziehen. Sie anerkennen, dass sie die Patienten hätten aufklären sollen. Bezüglich Generika werde man die Mitarbeiter nochmals instruieren.
In diesen 20 Apotheken hat saldo die Beratung geprüft
- Basel: Benu Apotheke Barfüsser, City-Apotheke, Goldene Engel Apotheke, Bahnhofapotheke Wenger
- Bern: Amavita Bahnhof Apotheke, Amavita Ischi Apotheke, Hörning Apotheke, Schwanen Apotheke
- Luzern: Benu Bahnhof Apotheke, Cysat Apotheke, Rigi Apotheke, Dr. Schmid’s See-Apotheke
- St. Gallen: Amavita Apotheke Poststrasse, Careland Apotheke, Gallus Apotheke, Rathaus Apotheke
- Zürich: Amavita Apotheke Shopville, Löwen Apotheke, Toppharm Apotheke Paradeplatz, Werd Apotheke
Medikamenten-check: Viele Apotheken verlangen Extra-Zuschlag
Apotheken können bei rezeptpflichtigen Medikamenten zuzüglich zum Preis des Präparats den Medikamenten-Check (Fr. 4.30) und den Bezugs-Check (Fr. 3.25) verrechnen. Sie müssen diese Kosten auf den Quittungen separat ausweisen. In der saldo-Stichprobe verrechnete jede dritte Apotheke den Medikamenten- und Bezugs-Check – beide Male trotz fehlender Beratung. Fast alle Apotheken belasteten den Medikamenten-Check.
Nur zwei Apotheken verlangten in der Stichprobe für ihre Beratung kein Geld: Die Benu Apotheke Barfüsser in Basel und die Amavita Ischi Apotheke in Bern.