Der Zürcher Malermeister Sven Berger (Name geändert) erhielt im Dezember 2016 einen Anruf von Carmelo Farinato von der Basler Vermögensverwaltungsfirma Swiss Future Invest AG. Farinato wollte den Maler gerne treffen. «Ich teilte ihm mit, dass ich kein Geld habe, das man verwalten müsste – wegen eines schlechten Vermögensverwalters», erinnert sich Berger. Farinato versicherte, dass das bei seiner Firma anders sei. Schliesslich stimmte der Maler einem Treffen zu.
Farinato legte ihm einen 19-seitigen Vermögensverwaltungsvertrag vor. Er drängte Berger zum Unterschreiben – damit das bereits erledigt sei, wenn der Maler wieder zu Geld komme. Berger fühlte sich überrumpelt, unterschrieb aber trotzdem.
Der Maler hat keinerlei Erfahrung im Anlagegeschäft. Doch mit seiner Unterschrift bestätigte er, ein «Experte» zu sein. Unter anderem verfügt er laut Vertrag über «grosse Erfahrung» mit sogenannten Differenzkontrakten. Das sind hochriskante Wetten auf Kursentwicklungen an der Börse.
Damit galt Berger nun offiziell als risikobereiter Anleger und der Verwalter durfte riskante Geschäfte tätigen. Die entsprechenden Kästchen musste der Maler nicht selbst ausfüllen – das hatte Farinato schon vor der Vertragsunterzeichnung gemacht. Gegenüber saldo redet sich der Vermögensverwalter heraus: Das sei das Resultat telefonischer Vorgespräche gewesen. Laut gesetzlicher Informationspflicht müsste ein Vermögensverwalter den Wissensstand des Kunden erfragen. Verfügt der Kunde über wenig Anlagefachwissen, ist er verpflichtet, entsprechend umfassender über Risiken zu informieren. Das ist gemäss Berger nie geschehen: «Ich verstehe überhaupt nichts von diesen Geschäften.»
Das Gold war eigentlich für die Ausbildung des Sohns gedacht
Beim geschätzten Nettovermögen kreuzte Berger im Vertrag «1 bis 5 Millionen Franken» an – der geschätzte Wert seines Hauses und des Malergeschäfts. Damit galt er als «risikofähig». Das heisst: Wer so viel Geld hat, kann Verluste verkraften. Ein Vermögensverwalter muss vor Vertragsabschluss und vor riskanten Geschäften die Risikofähigkeit abklären. Das verlangen die Standesregeln der unabhängigen Vermögensverwalter.
Im Gespräch mit Farinato erwähnte Berger, dass er zwei Kilo Gold besitzt. Die wollte er später für die Ausbildung seines Sohnes verkaufen. «Farinato riet mir, das Gold zu verkaufen, weil der Goldpreis langfristig sinke», sagt er. Der Vermögensverwalter bestreitet das. Tatsache ist: Berger verkaufte das Gold für 70 000 Franken – obwohl er damit einen Verlust von 13 000 Franken einfuhr.
Das Geld zahlte Berger bei der Swiss Future Invest ein. Er ging davon aus, dass Farinato den Betrag zu 80 Prozent in solide Aktien investiert. Laut Vertrag konnte dieser das Geld nach freiem Ermessen von «0 bis 80 %» in Aktien investieren. Tatsächlich kaufte Farinato keine einzige Aktie. Stattdessen platzierte er über die Genfer IG Bank eine Wette nach der anderen – immer auf den deutschen Aktienindex Dax. Die saldo vorliegenden Belege zeigen, dass Farinato teilweise über 30 Geschäfte pro Tag in Auftrag gab. Die IG Bank lebt von der Handelsspanne, also dem Preisaufschlag beim Kauf einer Position und dem Preisabschlag beim Verkauf einer Position. saldo erfuhr, dass drei Viertel dieser Marge an Farinato ging. Dieser bestreitet das. Dazu kassierte er von Berger zusätzlich bei jeder Transaktion eine Provision von bis zu 40 Euro. Zu diesem Vorwurf schweigt Vermögensverwalter Carmelo Farinato.
Die Differenzkontrakte auf den Dax lauten auf Euro. Berger hatte jedoch nur ein Franken-Konto. Bei jedem Geschäft erlitt Berger deshalb noch einen Wechselkursverlust.
All das kümmerte Farinato nicht. Bis zum 26. April 2017 handelte er munter weiter. Am Ende waren von Bergers 70 000 Franken noch 33 Franken übrig.
Der Verdacht liegt nahe, dass es sich bei diesem Geschäft um Kommissionsschinderei («Churning») handelte. Darunter versteht man häufige Transaktionen durch einen Vermögensverwalter mit dem Ziel, möglichst viele Gebühren vom Anleger einzustreichen. Dies verletzt die gesetzliche Treuepflicht.
Fünf Tipps zum Vermögensverwalter
- Gehen Sie nicht auf telefonische Einladungen ein.
- Fragen Sie Verwandte und Bekannte nach guten Erfahrungen.
- Nehmen Sie an Beratungsgespräche jemanden mit, der etwas von der Sache versteht.
- Überprüfen Sie vor Vertragsunterschrift, ob alle Angaben zutreffen – insbesondere, was Ihre Erfahrung im Umgang mit Anlagen und das Gesamtvermögen angeht.
- Vertrauen Sie keinen Erfolgsprognosen. Entscheiden Sie gestützt darauf, was ein Vermögensverwalter bereits geleistet hat.