Aluminiumverpackungen sind gefragt. Laut dem Bundesamt für Umwelt hat sich die Menge seit dem Jahr 2000 mehr als vervierfacht. Über 90 Prozent der in Umlauf gebrachten Alu-Getränkedosen landeten in Sammelcontainern. Das ist sinnvoll, denn «Alu kann ohne Qualitätseinbusse unendlich oft rezykliert werden», steht auf der Website des Bundesamts.
Alu als Verpackung boomt auch wegen der Kaffeekapseln. Schweizer trinken jährlich etwa 1100 Tassen Kaffee. Knapp 40 Prozent davon entfallen gemäss dem Statistikportal
Statista.de auf Kapseln aus Alu oder Plastik. Am beliebtesten sind die Alu-Kaffeekapseln von Nespresso: Gemäss dem Marktforschungsinstitut Euromonitor hält Nespresso beim Portionenkaffee einen globalen Marktanteil von rund 25 Prozent. Zahlen für die Schweiz gibt es nicht. Die Nestlé-Tochter selbst veröffentlicht seit Jahren keine Umsatzzahlen mehr.
Das Problem: Rund die Hälfte der Alukapseln landet im Haushaltsmüll. Aktuell gibt Nespresso die Recyclingquote nach mehrmaligem Anfragen mit 53 Prozent an. Das Unternehmen publiziert nur alle paar Jahre Angaben zum Kapselrücklauf. Sie werden von keiner unabhängigen Stelle verifiziert. saldo kritisierte bereits im Jahr 2008 die zu tiefe Recyclingquote. Schon damals betrug sie nur 54 Prozent. Das Bundesamt für Umwelt bewertete dies als «mittelmässig». Damit die Ökobilanz von Alukapseln vergleichbar gut ausfalle wie jene aus Plastik, brauche es einen Rücklauf von mindestens 80 Prozent.
Alu-Richtlinien des Bundes gelten für Kapseln nicht
Die Verordnung über Getränkeverpackungen gilt für Kaffeekapseln nicht – im Unterschied zu Aludosen, Glas- oder PET-Flaschen. Die seit dem Jahr 2000 geltenden Bestimmungen schreiben den Getränkeherstellern für Alu eine Verwertungsquote von mindestens 75 Prozent vor. «Wird sie nicht erreicht, kann der Bund ein Pfand einführen», schreibt das Bundesamt. Die Branche organisiert und finanziert das Recycling selbst. Sie muss die Recyclingquote jährlich dem Bund melden, der sie anhand der Zahl verkaufter Aludosen überprüft.
Die Hersteller von Kaffeekapseln sind von dieser Mitteilungspflicht ausgenommen. Statt dem Konsumenten Fakten zu liefern, verbreitet Nestlé PR-Sprüche: «In der Schweiz existiert eine Recyclingkapazität für gebrauchte Aluminiumkapseln von 100 %», heisst es auf der Nespresso-Website. Der schnelle Leser hat den Eindruck, dass 100 Prozent der Kapseln wiederverwertet würden. Ein Hinweis auf die Wiederverwertungsquote findet sich auf der Website nicht.
Auch Post nennt keine Zahlen zum Kapsel-Recycling
Mittlerweile gibt es in der Schweiz 2700 Nespresso-Sammelstellen. Anfang 2018 wurde in Zusammenarbeit mit der Post «Recycling at Home» lanciert: Der Pöstler holt die in den Briefkasten gelegten Kapseln kostenlos ab. Die Post sagt, dass man mit der Entwicklung des Geschäfts «sehr zufrieden» sei – Zahlen nennt auch sie nicht.
Trotz der tiefen Wiederverwertungsquote bei Kaffeekapseln sieht das Bundesamt für Umwelt keinen Handlungsbedarf. Das Sammel- und Recyclingsystem für die Kapseln sei «zweckmässig».
Aktuell macht Nespresso Werbung für Kugelschreiber von Caran d’Ache oder Victorinox-Taschenmesser. Sie seien aus alten Kapseln hergestellt. Aber was ist mit den neuen Kapseln? Bestehen auch sie aus gebrauchten Kapseln? Die Deutsche Umwelthilfe hat das untersucht. Ihr Befund: Die Kapseln bestehen «nahezu vollständig aus neu produziertem Alu». Nespresso sagt nichts dazu. Immerhin: Den Kaffeesatz verarbeite man als Dünger.