Andrea Lang (48) aus Basel (Name geändert) beisst in einen saftigen Apfel. Minuten später juckt es sie im Gaumen und im rechten Ohr. Selbst heftiges Kratzen bringt keine Linderung.
Was ist passiert? Wie jeder sechste Schweizer leidet Andrea Lang an Heuschnupfen. Dabei handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems auf die Eiweisse der Pollen. Der Körper setzt als Abwehrreaktion Histamin frei. Dieses löst die Symptome von Heuschnupfen aus: juckende Augen, häufiger Niesreiz und eine endlos laufende Nase.
Doch was hat der Apfel mit Heuschnupfen zu tun? Die Antwort darauf lautet: Kreuzallergie. Bestimmte Pollen und pflanzliche Nahrungsmittel sind botanisch miteinander verwandt und weisen ähnliche Eiweissstrukturen auf. Folge: Ein Apfel kann Heuschnupfen auslösen.
Es gibt aber auch Kreuzallergien, die mit Pollen nichts zu tun haben. Latex-allergiker etwa vertragen oftmals keine Ananas.
Jeder Pollenallergiker kann eine Kreuzallergie entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt, wenn mehrere Allergien vorliegen. Peter Schmid-Grendelmeier, Professor an der Allergiestation des Universitätsspitals Zürich sagt: «60 bis 80 Prozent aller Pollenallergiker entwickeln mit der Zeit eine Kreuzallergie.» In der Regel mache sich eine Kreuzallergie erst nach ein paar Jahren der Pollenallergie bemerkbar – meist während der Pollensaison.
Vom Kribbeln bis zur Atemnot
Die Symptome einer Kreuz-allergie sind vielfältig: ein Kribbeln im Gaumen, ein Jucken in den Ohren, Schwellungen der Zunge und des Kehlkopfbereichs, Atem-not, Hautausschläge, Bauchschmerzen und Durchfall. In seltenen Fällen kann es sogar zu einer lebensbedrohlichen Überreaktion des Immunsystems kommen.
Einige Kreuzallergien kommen besonders häufig vor. So reagieren Birkenpollen-Allergiker neben grünen Äpfeln oft auch auf Kirschen, Nüsse und Sojabohnen. Leute mit einer Gräserpollen-Allergie vertragen oft bestimmte Getreideprodukte nicht.
Trotzdem sollten Pollen-allergiker nicht grundsätzlich auf potenziell allergieauslösende Nahrungsmittel verzichten. Lösen diese beim Essen bloss ein Kratzen im Gaumen aus, könnten die Beschwerden laut Schmid-Grendelmeier durch regelmässigen Konsum teilweise gar gelindert werden. Der Grund: Dadurch werde die Toleranz gegenüber den allergieauslösenden Eiweissstoffen gebildet.
Generell empfehlenswert ist laut Schmid-Grendelmeier eine vitaminreiche, frische und abwechslungsreiche Ernährung. Besonders gut sind Vitamin B6 (in Haferflocken), Vitamin C (in Orangen), Magnesium (in Vollkornbrot), Kalzium (in Joghurt), Selen (in Sesam), Mangan (in Bananen) und Zink (in Linsen). Sie stabilisieren die Schleimhäute und verhindern, dass der Körper Histamin ausschüttet.
Junge können auf Spontanheilung hoffen
Heilung kann einzig eine sogenannte Desensibilisierungs-Therapie bringen. Dabei wird das Immunsystem während einer gewissen Zeit immer wieder mit allergieauslösenden Stoffen konfrontiert – bis es nicht mehr überreagiert. Wer jung ist, kann sogar auf eine Spontanheilung hoffen. Vor dem dreissigsten Lebensjahr verschwindet laut Schmid-Grendelmeier eine Allergie in bis zu 70 Prozent aller Fälle.
Tipp: Die meisten aufgeführten Nahrungsmittel führen nur roh zu Beschwerden. Sobald man das Gemüse oder die Früchte erhitzt, sind sie verträglich. Ausnahmen von dieser Regel sind Sellerie, Kräuter und Gewürze.