Menschen mit Hörproblemen können Tausende von Franken sparen, wenn sie ihre Hörgeräte vor der Pensionierung bei der IV beantragen. Denn die IV zahlt an zwei Geräte pauschal 1650 Franken. Und das ein Leben lang, falls jemand später neue Geräte benötigt. Die AHV hingegen bezahlt nur pauschal 630 Franken für ein Hörgerät für ein Ohr. Die IV übernimmt zudem für Batterien pauschal 80 Franken pro Jahr sowie 200 Franken bei Elektronik- und 130 Franken bei anderen Schäden. AHV-Rentner müssen diese Kosten selber tragen.
Diese ungleiche Behandlung betrifft nicht nur Leute mit Hörproblemen. Die IV gibt zahlreiche Hilfsmittel gratis ab, damit Versicherte den privaten Alltag möglichst unabhängig bewältigen können. Geregelt ist das in der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung. Die Liste der Hilfsmittel in der Verordnung der AHV ist hingegen kurz. Die Versicherten müssen das Hilfsmittel selber anschaffen und sich in der Regel mit 25 Prozent an den Kosten beteiligen.
Politik und Verwaltung foutieren sich darum
Wer zum Beispiel gehbehindert ist, erhält von der IV leihweise Krücken und Rollatoren. Stark Gehbehinderte haben Anrecht auf einen Rollstuhl oder, wenn sie diesen nicht selber fortbewegen können, auf einen Elektrorollstuhl. Kann jemand die Wohnung nicht mehr selbständig verlassen, übernimmt die IV die Kosten von Rampen und Treppensteighilfen. Die AHV hingegen zahlt nur 900 Franken an einen Rollstuhl ohne Motor.
Blinde oder stark Sehbehinderte unterstützt die IV mit weissen Stöcken, Navigationsgeräten für Fussgänger, Blindenführhunden, Lupenbrillen sowie Fern- und Filtergläsern. Zudem erhalten sie leihweise Abspielgeräte für Hörbücher sowie Lese- und Schreibgeräte. Die AHV beteiligt sich nur an den Kosten einer Lupenbrille.
Der Dachverband der Behindertenorganisationen Schweiz, Inclusion Handicap, kritisiert die Ungleichbehandlung von Menschen, die vor oder nach der Pensionierung ein Hilfsmittel brauchen. Behinderungen würden mit zunehmendem Alter häufiger. Ältere weniger zu unterstützen sei sachlich nicht vertretbar. «Menschen im AHV-Alter wollen im gleichen Mass aktiv am sozialen Leben teilhaben», so der Dachverband zur Altersvorsoge 2020. Laut Georges Pestalozzi, Jurist und Rechtsberater bei Inclusion Handicap, stiess der Verband jedoch auf taube Ohren: «Weder die Bundesverwaltung noch eine Mehrheit im Parlament haben das Anliegen aufgenommen.»
Für künftige Rentner heisst das: Unbedingt vor der Pensionierung ärztlich abklären, ob Bedarf für Hilfsmittel besteht.
Das Anmeldeformular der IV für medizinische Hilfsmittel findet sich unter www.saldo.ch/dq7965.
Wenn AHV und IV nicht zahlen
Beteiligen sich AHV oder IV nicht an Hilfsmitteln, sollten Betroffene einen Anspruch gegenüber der Krankenkasse abklären. Diese muss bei einigen Hilfsmitteln etwas bezahlen, so bei Hörgeräten, Krücken, Inhalations- und Atemgeräten oder Bandagen. Die Versicherten tragen wie immer Franchise und Selbstbehalt.
Reicht der Beitrag von IV und AHV nicht aus, kann man sich an die Pro Infirmis oder Pro Senectute wenden. Die Organisationen beteiligen sich bei knappen finanziellen Verhältnissen an den Kosten oder geben in manchen Kantonen Hilfsgeräte leihweise ab. Auf diese Leistungen besteht jedoch kein Rechtsanspruch.