Das gibt es im Strassenverkehr nicht: Die Räder drehen sich, das Lenkrad ist nicht eingeschlagen und wird nicht bewegt. Eine solche Situation gibts nur auf dem Autoprüfstand. Daran erkennt die Bordelektronik, dass ein Abgastest stattfindet. Die Software korrigiert den Abgasausstoss nach unten und täuscht so vor, im Strassenverkehr umweltfreundlicher zu fahren, als es tatsächlich der Fall ist.
Solche technische Tricksereien lösten vor fünf Jahren den Skandal um die Dieselautos des deutschen Volkswagenkonzerns aus. Die Autobauer wollten mit den geschönten Messergebnissen sicherstellen, dass ihre Fahrzeuge die Abgasgrenzwerte einhalten und zum Verkauf zugelassen werden.
Jetzt läuft vor dem Landgericht Offenburg (D) auch ein Prozess gegen die VW-Tochter Audi – nicht wegen eines Dieselfahrzeugs, sondern wegen eines Benziners. Der Besitzer des Wagens wirft Audi «unerlaubte Manipulation der Abgasreinigung» seines Autos vor und fordert Schadenersatz.
Einschlag des Steuers wirkte sich auf Fahrzeugsoftware aus
Das Gericht liess den Wagen – einen Audi Q5 2.0 TFSI mit Baujahr 2015 – durch unabhängige Experten testen. Resultat: Bei der Messung mit Lenkeinschlag war der Ausstoss von Stickoxiden um 24,5 Prozent und jener von Kohlenmonoxid um 59 Prozent höher als bei der Messung ohne Einschlag. Der Gerichtsgutachter kam nach den Untersuchungen zum Schluss, dass sich der Lenkeinschlag auf die Steuerungssoftware des Fahrzeugs ausgewirkt habe.
Kai Borgeest, Leiter des Zentrums für Autoelektronik und Verbrennungsmotoren an der Technischen Hochschule Aschaffenburg (D), schaute sich das Gerichtsgutachten und die Messergebnisse im Auftrag des Fernsehsenders SWR genau an: «Es fällt auf, dass die Stickoxidwerte vor allem bei den höheren Geschwindigkeiten erheblich nach oben gehen, wenn das Lenkrad eingeschlagen ist. Ein klassisches Indiz für eine Abschalteinrichtung.»
In der Schweiz wurden in den letzten fünf Jahren rund 100 000 neue Audis verkauft. Importeur Amag will den Fall in Deutschland nicht kommentieren. Auch die Audi AG im deutschen Ingolstadt wollte konkrete Fragen zum Fall nicht beantworten, da es sich um ein laufendes Verfahren handle. Das Schweizer Bundesamt für Strassen führt keine eigenen Untersuchungen zur Richtigkeit der Angaben von Fahrzeugherstellern durch. Dafür sei das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg zuständig. Dort heisst es, die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen.