Ende April demontierte die Bank Leerau im aargauischen Dorf Staffelbach mit seinen 1380 Einwohnern den einzigen Bancomaten. Die Bank begründet das im amtlichen Anzeiger mit Sicherheitsbedenken: «Die Anzahl Fälle von gesprengten Bancomaten nimmt seit einigen Jahren deutlich zu. Die Sprengungen bedeuten eine grosse Gefährdung für Anwohner, Passanten oder auch Einsatzkräfte.»
Mit dem gleichen Argument baute die Aargauische Kantonalbank 2022 unter anderem einen Bancomaten am Hauptsitz in Aarau ab.
Auch die Raiffeisenbank in Mattwil TG entfernte im letzten Dezember ihren Bancomaten. Er stand in einem Mehrfamilienhaus. «Die Bankleitung will dieses Risiko nicht mehr tragen», sagte Marcel Bischofberger, Leiter der Raiffeisenbank Mittelthurgau, der «Thurgauer Zeitung».
Das sind keine Einzelfälle: Vor vier Jahren gab es gemäss Nationalbank landesweit rund 7200 Bancomaten, heute sind es noch knapp 6400. Das heisst: Jeder zehnte Automat wurde demontiert. Allein im vergangenen Jahr bauten Banken über 300 Bancomaten ab – unter anderem in Fraubrunnen BE (Valiant) und Wattwil SG (UBS), aber auch in Gemeinden wie Dietikon ZH (Bank Cler).
Für den Abbau führen die Banken oft auch finanzielle Gründe an. Sprich: Der Unterhalt von Bancomaten ist vielen Instituten zu teuer geworden. Eingeführt wurden die Automaten einst, um das Personal an den Bankschaltern reduzieren zu können.
Elektronischer Zahlungsverkehr bringt Mehreinnahmen
Die Banken sparen mit der Reduktion der Automaten aber nicht nur Kosten, sondern erhöhen auch die Einnahmen. Sie sind daran interessiert, dass ihre Kunden elektronisch statt mit Bargeld bezahlen. Denn an den Transaktionen mit den Debit- oder Kreditkarten verdienen die Banken mit.
Einen Teil der bezahlten Summe erhält der Zahlungsdienstleister, einen weiteren die Bank, die die Kredit- oder Debitkarte herausgibt, und schliesslich verdienen auch die Weltkonzerne Mastercard und Visa daran. Das jährliche Volumen von Zahlungen mit Debit- und Kreditkarten beträgt in der Schweiz 125 Milliarden Franken. Die Banken profitieren von den Kartenzahlungen mit mehreren Hundert Millionen Franken.
Dabei ist Bargeld weiterhin gefragt, wie die Nationalbank in der Zahlungsmittelumfrage 2020 festhielt: 97 Prozent der Befragten gaben an, «Bargeld im Portemonnaie oder zu Hause für alltägliche Ausgaben zu halten». Und der Finanzdienstleister Six schrieb 2021: «Die Bargeldnutzung wird sich sehr wahrscheinlich auf einem stabilen Niveau einpendeln.»
Heute ist Bargeld noch immer das meistgenutzte Zahlungsmittel, wie aus dem aktuellen «Swiss Payment Monitor» der Universität St. Gallen hervorgeht. Kredit- und Debitkarten sowie die Handyapp Twint werden weniger häufig benutzt (saldo 5/2023).
St. Galler Kantonalbank erhöht Zahl der Geldautomaten
Einige Banken nehmen das Bedürfnis der Kunden nach Bargeld ernst. So etwa die St. Galler Kantonalbank: Sie erhöhte die Zahl der Geldautomaten seit 2019 um rund 10 Prozent. «Wir modernisieren jedes Jahr eine bis zwei unserer Niederlassungen und statten sie bei dieser Gelegenheit in der Regel mit zusätzlichen Bancomaten aus», sagt Direktionsmitglied Adrian Kunz. Es gebe somit auch in den kommenden Jahren einen leichten Ausbau.
Bargeld lässt sich auch bei Detailhändlern beziehen. Bei Coop zum Beispiel können alle Kunden bis zu 300 Franken abheben. Sie müssen aber für mindestens zehn Franken einkaufen und eine Maestro-Karte, Debit Mastercard oder Visa-Debitkarte besitzen. Gemäss Coop ist es möglich, dass die Bank des Kunden für die Transaktion eine Gebühr belastet. Dasselbe gilt bei Lidl.
Kunden der Migros-Bank können mit ihrer Visa-Debit- oder Visa-Free-Karte in allen Supermärkten der Migros und bei Denner kostenfrei Bargeld beziehen. Wer eine Cumulus-Visa-Kreditkarte der Migros besitzt, kann das nur in der Migros tun – ebenfalls gratis. Bei Aldi ist ein Bargeldbezug nicht möglich.