Es gibt Bücher, die lassen die Leser nach dem Aufklappen nicht mehr los. Der neue «Historische Atlas der Schweiz» ist so eines. Der 200-seitige Band im Grossformat ist ein optischer Genuss, und die prägnanten Begleittexte bieten lehrreiches Lesevergnügen. Auf 120 thematischen Karten erzählen die Historiker Marco Zanoli und François Walter 6000 Jahre Schweizer Geschichte – von der Jungsteinzeit über die Gründung der Eidgenossenschaft und die eidgenössische Expansion nach Norditalien bis zu den Bombenabwürfen auf die Schweiz im Zweiten Weltkrieg und der Einführung des Frauenstimmrechts.
Der Atlas beginnt mit einer Karte zur «mittleren Jungsteinzeit» (4000–3750 v. Chr.). Kulturelle Zentren sucht man vergeblich. Nur ein paar wenige farbige Flächen markieren Spuren erster Siedlungsräume, die sich unabhängig voneinander entwickelten. Reste von Pfahlbausiedlungen zeugen von den ersten Siedlern auf dem Gebiet der heutigen Schweiz.
Noch im 14. Jahrhundert waren viele Gebiete unbewohnt und das besiedelte Land präsentierte sich als bunter politischer Flickenteppich. Die eidgenössischen Orte waren umzingelt von europäischen Dynastien: Die Savoyer beherrschten die Westschweiz, die Habsburger das Mittelland und Teile der Ostschweiz. Das Tessin gehörte zu Mailand. Je nach politischer Grosswetterlage veränderten sich die Grenzen rasch und markant: Manche Zeitgenossen wussten wohl nicht immer, zu welchem Untertanengebiet sie gerade gehörten. Erst am Wiener Kongress von 1815 befahlen Europas Grossmächte den Eidgenossen die heute noch gültigen Landes- und Kantonsgrenzen.
Die Autoren zeigen auf ihrem Streifzug durch die Geschichte eindrücklich, wie die Eidgenossenschaft politisch immer wieder neu geordnet wurde. Eine packende Zeitreise zu den Anfängen der Schweiz.
Marco Zanoli, François Walter, «Historischer Atlas der Schweiz», Hier und Jetzt, Zürich 2021, 199 Seiten, ca. 60 Franken
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