Für die Detailhändler sind Selbstbedienungskassen eine tolle Sache. Sie können Personal einsparen. Denn die Kunden nehmen ihnen viel Arbeit ab.
Für die Kunden sieht die Sache weniger toll aus. Sie brauchen zum Scannen mehr Zeit als die Kassiererinnen (
K-Tipp 19/2016). Und sie riskieren einiges – denn Fehler sind schnell passiert. Das weiss jeder, der den Kassiererinnen auf die Finger schaut. Obwohl sie ausgebildet sind, scannen sie mal ein Produkt doppelt. Oder gar nicht. Aber wehe, das passiert einem Kunden.
Das musste Matthias Eggimann (Name geändert) aus Zürich erfahren. Im September scannte er im Coop an der Bahnhofbrücke drei Artikel nicht. Gesamtwert: Fr. 5.65. Eine Angestellte sprach ihn an und warf ihm vor, er habe die drei Artikel stehlen wollen. Er bestritt das.
Trotzdem musste Eggimann eine Umtriebsentschädigung von 50 Franken zahlen. Zudem wurde er für zwei Jahre mit einem landesweiten Hausverbot für Filialen von Coop und sämtlichen Tochterfirmen belegt. Denn einen ähnlichen Vorfall hatte es schon im November vergangenen Jahres gegeben. Damals hatte Eggimann zwei Artikel im Wert von Fr. 3.80 nicht gescannt.
Bedingungen für harte Strafe nicht erfüllt
Erstaunlich ist die drakonische Strafe vor allem deshalb, weil Coop die Gründe für ein Hausverbot auf dem Formular aufführt, das Eggimann unterschreiben musste. Dort heisst es wörtlich: «Hausverbote sind als letztes Abwehrmittel zu betrachten! Gründe, welche zu einem Hausverbot führen können:
- Kunde wurde extrem tätlich.
- Kunde wurde massiv ausfällig.
- Einmalige Warenwegnahme über 300 Franken.
- Wiederholte Warenwegnahme ab einem kumulierten Betrag von 300 Franken.
- Professionelles Vorgehen (Einzeltäter).
- Mitglied einer Diebesbande (ab 16 Jahren).»
Auf Matthias Eggimann träfe – auch wenn er absichtlich nicht gescannt hätte – keiner der Gründe zu. Trotzdem taxierte das Personal die beiden Vorfälle als «professionelles Vorgehen». Zur Erinnerung: Es geht um insgesamt Fr. 9.45.
Coop erwähnt auf dem Formular auch noch «Beispiele aus dem Alltag:
Person entwendet mit einem Kollegen Druckerpatronen im Betrag von 960 Franken. HIV-positive Person verletzt Ladenüberwacherin mit einem Biss oder einer Spritze.»
Der Fall von Matthias Eggimann ist im Vergleich dazu eine Lappalie.
Warum also geht Coop gegenüber dem Kunden mit derartiger Härte vor? «Im Zweifelsfall handeln wir immer zu Gunsten des Kunden», sagt Coop. «Hier können wir aber von einem Wiederholungsfall ausgehen. Denn die Ladendetektivin hat den Vorfall beobachtet, und das Verhalten des Kunden war sehr unkooperativ.»
Zur Unterschrift gedrängt worden
Warum Coop von «professionellem Vorgehen» ausgeht – diese Frage blieb unbeantwortet. Eggimann sagt, er habe sich von den Sicherheitsleuten bedroht gefühlt. Er sei unter Druck gesetzt und dazu gedrängt worden, das Hausverbot zu unterschreiben. Natürlich habe er sich dabei nicht kooperativ verhalten.
Der K-Tipp weiss nicht, ob Eggimann in böser Absicht gehandelt hat oder nicht. Klar ist: Wer selber scannt, riskiert beim geringsten Fehler im Wiederholungsfall ein Hausverbot. Deshalb der Tipp: Selbstbedienungskassen meiden. Das trägt erst noch dazu bei, dass Arbeitsplätze beim Kassenpersonal erhalten bleiben.