Die meisten Ferienorte verlangen von ihren Übernachtungsgästen eine Steuer – die sogenannte Kurtaxe. Damit sollen Dienstleistungen bezahlt werden, die den Gästen zugutekommen, zum Beispiel die örtliche Touristeninformation.
Doch die Berggemeinden lassen die Gäste für immer mehr bezahlen: für den öffentlichen Verkehr und den Strassenbau, fürs Sportzentrum oder die Werbung (siehe «Kurtaxen: Gäste als Goldesel», saldo 4/2016).
Ein Vergleich von 37 Reisezielen zeigt: Die Kurtaxen haben sich in den vergangenen 16 Jahren teilweise mehr als verdoppelt. Im Durchschnitt erhöhten die Gemeinden die Gästesteuer um 50 Prozent (siehe Tabelle im PDF). Zum Vergleich: Die Teuerung betrug gemäss Landesindex in dieser Zeit gut 5 Prozent.
Arosa GR ist die teuerste Gemeinde der saldo-Stichprobe. Sie verlangt von einer vierköpfigen Familie mittlerweile Fr. 218.40 pro Woche. Vor 16 Jahren waren es Fr. 117.60. Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert: «Manche Kurtaxen sind heute eine Belastung für das Familienbudget.» Verbieten kann er die Preisaufschläge aber nicht. Weil Kurtaxen rechtlich gesehen Steuern sind, muss er sich auf Nachfragen bei den Gemeinden beschränken.
Fragwürdige Gästekarten als Zückerchen
Die Gemeinden zielen unverhohlen aufs Gästeportemonnaie. Zum Beispiel die Aletsch-Region im Kanton Wallis. Die Tourismusverantwortlichen wollen die Feriengäste künftig mit 4,3 Millionen Franken jährlich zur Kasse bitten – statt wie bisher mit 1,8 Millionen. Damit die Besucher den Preisaufschlag hinnehmen, lässt man neue Gästekarten mit zusätzlichen Rabatten drucken. Bloss: Viele Gäste sind nicht an Angeboten wie Mountainbike-Fahren im Schnee oder Indoor-Klettern interessiert. Ein besonders abstruser «Benefit»: In Gstaad gibts 10 Prozent Rabatt auf Behandlungen eines Schönheitsinstituts.
«Für die Bergbahnbetreiber ist es bequemer»
«Das Problem ist, dass der Gast nicht wählen kann», sagt Meierhans. «Er zahlt sowieso, ob er die Leistungen nutzt oder nicht.» Mit den Gästekarten verfolgten die Gemeinden tendenziell eher ihr eigenes Interesse als das der Besucher. So entlaste man zum Beispiel die Betreiber von Bergbahnen, indem man die Gästegelder direkt an sie weiterleite: «Die Betreiber müssen so gar nichts mehr verkaufen. Das ist natürlich bequemer.»
Tourismusforscher Jürg Stettler von der Hochschule Luzern stellt fest: «Die Gästekarten werden gezielt fürs Marketing eingesetzt.» Problematisch sei, dass man zum Teil suggeriere, es gebe die Leistungen gratis. Dabei treibe insbesondere die Aufnahme teurer Bergbahnen die Kurtaxen in die Höhe.
In Arosa heisst die Gästekarte «All-inclusive»-Karte. Hier zahlt jeder Gast, ob er will oder nicht, für neun verschiedene Bahnen und Busse, für Bootsverleih, Seilpark, Golfplatz und so weiter.
In den Dörfern der Aletsch-Region löste der geplante Preisaufschlag Widerstand aus. Darauf hat die Tourismusorganisation Aletsch-Arena im Internet einen Frage-Antwort-Katalog aufgeschaltet. So fragt sie zum Beispiel: «Wie soll man Gäste anlocken, wenn immer nur mehr zu bezahlen ist?» Die nichtssagende Antwort: Die neuen Gästekarten seien für die Besucher sehr attraktiv.
Klar ist: Von den erweiterten Gästekarten haben nur die aktiven Besucher etwas. Die restlichen Gäste bezahlen einfach höhere Taxen. Laut Experte Stettler geht die Rechnung für die Bergbahnen meist auf: «Die Fahrten nehmen zu, und damit auch die Umsätze im Bergrestaurant.»