Die Gene seien der «Schlüssel zur Gesundheit». So wirbt das Unternehmen Progenom aus Pfäffikon SZ für seinen Gentest. Er soll Kunden zeigen, mit welchen Nahrungsmitteln sie abnehmen können. Progenom analysiert eine Speichelprobe und untersucht 52 Genabschnitte, die den Stoffwechsel beeinflussen können. Der Kunde erhält eine Liste mit mehr als 1000 Lebensmitteln. Symbole geben an, welche Nahrungsmittel ihm guttun und welche nicht. Zusätzlich gibt Progenom «personalisierte Rezepte» ab.
Apotheker verkaufen dieses Testpaket unter dem Namen DNA-Nutricontrol. Kostenpunkt: bis zu 900 Franken. Dazu kommt die Entschädigung der Beratung. Dafür verlangen Apotheker rund 100 Franken pro Stunde.
Progenom und andere Anbieter verkaufen in der Schweiz jährlich etwa 4000 solche Gentests, schätzt das Bundesamt für Gesundheit. Selbst Nahrungsmittelkonzerne wie Nestlé forschen auf diesem Gebiet.
Gentest verbessert die Disziplin beim Essen nicht
Doch viele Fachleute zeigen sich vorsichtig, wie eine Fachtagung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung in Bern kürzlich aufzeigte. Die deutsche Ernährungswissenschafterin Hannelore Daniel etwa ist kritisch gegenüber der Aussage, dass man mit einer solchen Genanalyse herausfindet, welche Lebensmittel bei einer Person das Übergewicht fördern. Sie kennt keine publizierte wissenschaftliche Studie, die den Erfolg einer solchen Methode gezeigt hätte.
Die Professorin der Technischen Universität München hat selbst an einer Studie mit 1600 Teilnehmern mitgearbeitet. Diese zeigte, dass sich Leute mit einem Gentest nicht besser an die Empfehlungen der Fachleute hielten als solche, die eine Ernährungsberatung gemacht hatten.
Nicht alle relevanten Genabschnitte analysiert
Caroline Henggeler ist Genetikerin am Zentrum für kardiovaskuläre Genetik in Schlieren ZH. Sie sagt, solche Gentests könnten in manchen Fällen zwar helfen, eine Unverträglichkeit gegen Milchzucker, eine Laktoseintoleranz zu entdecken – garantiert sei das aber nicht: «Es gibt noch viel mehr Genabschnitte, die den Stoffwechsel beeinflussen.»
Zudem könne der Gentest Krankheiten im Stoffwechsel wie etwa die Eisenspeicherkrankheit aufdecken. Dabei speichert der Körper zu viel Eisen aus der Nahrung im Körper. Das Irritierende dabei: Der Kunde darf nichts davon erfahren. Denn Progenom darf diese Tests nicht als medizinische Tests verkaufen, sondern nur als Lifestyle-Tests. Henggeler warnt zudem, man gebe bei Gentests ganz persönliche Daten einem Unternehmen preis.
Wichtig ist, wie viele Kalorien man aufnimmt und verbrennt
Die beste Methode zum Abnehmen, darin sind sich die Experten einig, ist immer noch, sich genügend zu bewegen und ausgewogen zu ernähren. Dabei spielt das Essverhalten eine wichtige Rolle: Wer mehr Kalorien isst, als er verbraucht, nimmt zu – egal ob man sich mit Lebensmitteln ernährt, die genetisch zu einem passen oder nicht (siehe Kasten).
Progenom schreibt, Studien hätten belegt, dass die Gene einen Einfluss auf die Ernährung hätten. saldo hatte Einsicht in eine interne Studie mit 139 Teilnehmern, durchgeführt vom Salzburger Genlabor Novogenia, das mit Progenom zusammenarbeitet. Gemäss dieser Studie verloren die Teilnehmer während drei Wochen im Durchschnitt 3,5 Kilos. Wenn sie sich nach einer anderen, nicht näher beschriebenen «Standard-Diät» ernährten, nahmen sie 1,4 Kilo ab.
Man biete mit der Analyse von 52 Genabschnitten ein sehr umfangreiches Programm an, so Progenom. Ein genetisches Risiko für eine Krankheit zu tragen bedeute nicht, dass eine sofortige medizinische Massnahme nötig sei, zudem senke die angepasste Ernährung dieses Risiko. Die Kunden könnten bestimmen, ob sie die anonymisierten Daten der Wissenschaft zur Verfügung stellen oder vernichten lassen möchten.
Tipps: So reduzieren Sie Ihr Gewicht nachhaltig
- Füllen Sie Ihren Teller zur Hälfte mit Gemüse
- Verzichten Sie auf Zwischenmahlzeiten
- Meiden Sie Fertigprodukte
- Essen Sie täglich fünf Portionen Gemüse und Früchte
- Bewegen Sie sich täglich mindestens 30 Minuten
- Schlafen Sie genug
- Trinken Sie täglich mindestens 1,5 Liter Wasser oder ungesüsste Tees
- Essen Sie Vollkornbrot statt Weissbrot