Profiteure der hohen Häuserpreise
Die Preise für Häuser und Wohnungen sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Davon profitieren auch die Notare, die für die Beurkundung eines Kaufes immer mehr kassieren.
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saldo 05/2011
13.03.2011
Letzte Aktualisierung:
18.03.2011
Thomas Lattmann
Verträge für Grundstücke müssen öffentlich beurkundet werden. Zuständig dafür sind die Notariate. Jede Beurkundung kostet Geld – sei es für einen Kauf, für die Erstellung eines Schuldbriefs als Sicherheit für die Hypothek oder die Vereinbarung eines Wohnrechts.
Die Notariate sind kantonal geregelt. In Zürich und Thurgau etwa sind die Notare Staatsangestellte – die Gebühren gehen in die Kasse des Kantons. In el...
Verträge für Grundstücke müssen öffentlich beurkundet werden. Zuständig dafür sind die Notariate. Jede Beurkundung kostet Geld – sei es für einen Kauf, für die Erstellung eines Schuldbriefs als Sicherheit für die Hypothek oder die Vereinbarung eines Wohnrechts.
Die Notariate sind kantonal geregelt. In Zürich und Thurgau etwa sind die Notare Staatsangestellte – die Gebühren gehen in die Kasse des Kantons. In elf Kantonen hingegen sind private Notare für das Beurkunden zuständig. Daneben gibt es Mischformen, etwa in Luzern oder Graubünden.
Die Tarife für Beurkundungen sind jeweils im ganzen Kanton gleich. Sie richten sich grundsätzlich nach dem Wert des Geschäfts: Je höher der Preis einer Liegenschaft, desto höher das Honorar des Notars für die Beurkundung des Kaufvertrags. Die Arbeit bleibt dieselbe.
Auffällig ist: In Kantonen mit privaten Notaren sind die Gebühren für einen Liegenschaftenkauf besonders hoch. So betragen die Notariatsgebühren für ein Einfamilienhaus mit einem Kaufpreis von 700 000 Franken im Aargau 2600, in Bern 2905 und in Genf gar 3950 Franken (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Dasselbe Rechtsgeschäft kostet in Zürich nur 700 Franken.
Trotz Kritik keine Tarifsenkungen
Der Preisüberwacher hat vor vier Jahren die Notariatstarife aller 26 Kantone verglichen und die riesigen Differenzen kritisiert. Er empfahl den Kantonen mit überdurchschnittlich hohen Gebühren eine Tarifsenkung. Seither ist wenig passiert.
Den freiberuflichen Notaren kommt das gelegen, denn so können sie weiterhin auf staatlich garantierte hohe Einnahmen zählen. Und die gibt es dank der gestiegenen Immobilienpreise in den letzten Jahren reichlich.
Laut dem Index des Immobilienberatungsunternehmens Iazi AG haben die Preise für privates Wohneigentum in der Schweiz in den vergangenen zehn Jahren um 27,7 Prozent zugelegt. Die allgemeine Teuerung betrug aber nur 9 Prozent.
Das bedeutet einen massiven Verdienstzuwachs für die privaten Notare. In der Schweiz wechseln jährlich Wohneigentum und Geschäftsliegenschaften für rund 100 Milliarden Franken den Besitzer, so eine Schätzung der Beratungsfirma Wüest und Partner.
Dass das private Notariat lukrativ ist, zeigt auch eine Untersuchung der Treuhandgesellschaft BDO Visura aus dem Jahr 1998 – neuere Zahlen existieren nicht. Die freien Notare im Kanton Bern machten schon damals einen Reingewinn von im Schnitt 173 000 Franken pro Jahr.
12 Prozent der Notare, nämlich jene, die auch in der Immobilienverwaltung und im Bereich der Advokatur tätig waren, erzielten gar einen Durchschnittsreingewinn von 259 000 Franken. Im Kanton Luzern nehmen Anwälte mit Notariatspatent und Gemeindeschreiber mit entsprechender Ausbildung Beurkundungen vor.
Früher sackten Gemeindeschreiber die Einnahmen aus dieser Nebentätigkeit ganz für sich ein. Mittlerweile müssen sie mit der Gemeinde eine Vereinbarung treffen über die Abgeltung. Laut Thomas Bühlmann vom Gemeindeschreiberverband Kanton Luzern liefern sie nun mindestens 50 Prozent der Gebühren in die Gemeindekasse ab.
«Der Nebenjob dürfte aber immer noch lukrativ sein.» Was genau als Zubrot rausspringt, wollen die Gemeindeschreiber-Notare nicht verraten, und der Gemeindeanteil wird in den Jahresrechnungen unter dem Sammelposten Rückerstattungen versteckt.
Gewinne wären mit tieferen Tarifen möglich
Jean-Pierre Becher, Generalsekretär Schweizerischer Notarenverband, räumt ein, dass die gestiegenen Immobilienpreise den Notariaten einen Mehrverdienst einbrachten. Allerdings habe es in einigen Kantonen Tarifanpassungen nach unten gegeben, so etwa 2006 im Kanton Bern.
Doch die Tarife in Bern sind in der Deutschschweiz noch immer Spitze. Nur Genf ist noch teurer. Den günstigen Zürcher Notariaten gelingt es trotz 2009 gesenkten Ansätzen, immer noch ansehnliche Überschüsse zu erwirtschaften.