Ob an Armen, Beinen oder Dekolleté – sommerlich kurze Kleider machen Narben sichtbar. Kommt dazu: An der Sonne wird die Haut braun, die Narben aber bleiben weiss, denn sie haben keine Pigmentzellen. Zudem wuchert das Bindegewebe nach einer Verletzung. Die Narbe wird deshalb immer dicker.
Narbencremes sollen das verhindern und zugleich den Juckreiz und Schmerzen lindern. Die Hersteller geizen nicht mit Versprechungen: «Einfach schöne Narben», lautet der Slogan für die Creme Dermatix Ultra. Und Contractubex soll zu «einer kaum sichtbaren Narbe» führen. Regelmässiges Einreiben von Bepanthen Narbengel soll die Narben «blasser, flacher und weicher» machen. Die Wirkstoffe dieser Salben sind Zwiebelextrakt, Allantoin, Heparin oder Silikon.
Experten beurteilen solche Anpreisungen als problematisch. Der plastische Chirurg Adrien Daigeler von der Unfallklinik Tübingen (D) spricht vom «Geschäft» mit der Hoffnung. Denn: «Es gibt kaum Studien, die zeigen, dass Narbencremes wirken.» Daigeler wertete kürzlich mit Kollegen alle verfügbaren Studiendaten aus.
Fazit: Die meisten Studien sind mangelhaft. Die Unternehmen testeten ihre Cremes meist an frischen Narben und nur wenige Wochen lang. Um einen Effekt zu sehen, müsste man die Cremes regelmässig mindestens sechs Monate lang einreiben. Das sagt die Hautärztin Bettina Schlagenhauff aus Küssnacht SZ.
Die Therapie mit Narbencremes ist teuer. Die 20-Gramm-Tube Contractubex kostet 14 Franken, Dermatix satte 90 Franken. Eine Behandlung kann leicht Hunderte von Franken kosten.
Es gibt günstigere Alternativen. Eine davon ist Vaseline. 20 Gramm kosten lediglich Fr. 1.50. Die Wirkung ist aber ebenfalls nicht gut belegt. In ersten Tests an wenigen Versuchspersonen zeigte sich, dass die Narben flacher waren als bei denen, die sie nicht behandelten.
Bei starken Beschwerden empfiehlt sich ein Arztbesuch
Auch Cremes mit Aloe vera helfen vermutlich. Zumindest weisen Tierstudien darauf hin, dass sie wirken können. Aloe vera soll Entzündungen hemmen und das Immunsystem stärken.
Ringelblumenöl, Johanniskrautöl oder Lavendelöl fördern die Durchblutung und hemmen Entzündungen. Und sie machen die Haut elastischer. Einen Wirkbeleg gibt es dazu aber nicht. Patienten berichten immer wieder, dass ihnen das Einmassieren von Olivenöl geholfen habe. Das soll die Wundheilung beschleunigen und die Narbe besser verheilen lassen.
Wenn alle diese Mittel nichts helfen, sollten sich Betroffene überlegen, einen Arzt aufzusuchen. Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser: «Das kann dann der Fall sein, wenn man die Narbe sehr hässlich findet oder wenn sie zieht und schmerzt.» Ein Arztbesuch empfehle sich auch, wenn die Beweglichkeit einschränkt sei. Eine Spritze mit Kortison ins Narbengewebe hemmt das Wachstum. Überschüssiges Narbengewebe kann der Arzt auch vereisen, abschleifen oder mit dem Laser verbrennen. Letzte Option: Die Narbe aufschneiden und neu vernähen.
Haut geschmeidig halten und vor Sonne schützen
Am besten ist, wenn Betroffene die Narbe bereits nach der Wundheilung behandeln. Hautärztin Schlagenhauff: «Damit kann man beginnen, sobald die Wunde trocken und ohne Kruste ist.» Dabei sei es wichtig, die Haut geschmeidig zu halten. «Eine gut gepflegte Haut heilt besser.» Das kann man mit einer Creme tun. Zudem sollte man die Haut vor Entzündungen, vor zu viel Bewegung und Spannung und auch mindestens ein Jahr lang vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Der Verzicht aufs Rauchen fördere zudem die Wundheilung.
Mit Homöopathie kann man die Heilung unterstützen. Der Zürcher Arzt und Homöopath Marc Muret sagt, dass nach einem Operationsschnitt Staphisagria helfe, bei offenen und Risswunden Calendula.
Contractubex-Herstellerin Merz Pharma schreibt, Fachleute würden Präparate mit Zwiebelextrakt wie das ihre empfehlen. Die Narbensalbe eigne sich in Kombination mit einem Silikonpflaster auch bei Narben, die viel Narbengewebe erzeugen. Ausserdem wirke die Salbe auch bei Narben, die älter als ein Jahr seien.