Donnerstagmorgen, kurz nach 8 Uhr: Auf dem Carparkplatz beim Hauptbahnhof Zürich herrscht emsiges Treiben. Rund 20 Busse stehen da, nur der Fernbus nach Sitten fehlt. Da vibriert das Handy: Eurobus Swiss Express informiert per SMS in Englisch, dass sich der Bus verspätet. Als der rot-weisse Bus endlich eintrifft, ist der Andrang bescheiden: Gerade mal zehn Fahrgäste verteilen sich auf die 80 Sitzplätze.
SBB kostet trotz «Sparpreis» fast vier Mal mehr
Seit dem 10. Juni ist das Aargauer Unternehmen Eurobus auf drei Inlandlinien täglich zwei Mal unterwegs: Von St. Gallen nach Genf-Flughafen, von Chur nach Sitten und vom Flughafen Zürich nach Lugano. Eurobus will auf diesen Strecken die SBB mit günstigen Preisen konkurrenzieren.
saldo reiste am Vormittag per Eurobus von Zürich nach Sitten und am Nachmittag mit der Bahn zurück. Mit Halbtax kostete die Busfahrt übers Internet gebucht Fr. 11.50, ein Koffer und ein Handgepäckstück inklusive. Das SBB-Ticket 2. Klasse kostete trotz Spartarif 45 Franken – fast vier Mal mehr. Eurobus-Billette sind aber nicht immer günstiger (siehe unten).
Die Testfahrt mit Eurobus startet mit 20 Minuten Verspätung. Chauffeur André begrüsst die Fahrgäste auf Deutsch und weist auf die Anschnallpflicht hin. Das verstehen nicht alle Passagiere. Denn an Bord sind neben dem saldo-Reporter nur ausländischeTouristen. Zügig geht es auf der Autobahn Richtung Bern. Die Touristen aus Indien geraten beim Anblick des Jura-Südfusses ins Staunen und zücken die Handykameras. Bei der Ankunft auf dem Car-Terminal Neufeld in Bern ist die Verspätung auf 6 Minuten geschrumpft. Der Bus leert sich.
Wer Lust auf Kaffee oder Snacks hat, kann sich am Automaten auf dem Parkplatz bedienen. An Bord gibt es keine Verpflegungsmöglichkeit. Das soll sich spätestens im Dezember ändern. Laut Roger Müri von Eurobus Swiss Express kommen dann Fahrzeuge mit Verpflegungsmöglichkeit, Steckdosen bei jedem Sitz und Rollstuhlplätzen zum Einsatz. Schon jetzt gibts Gratis-WLAN: Nach der etwas umständlichen Registration surft es sich flott – zumal keine anderen Passagiere im Bus sind.
Von Bern bis Sitten ist der saldo-Redaktor der einzige Fahrgast. Weitere Haltestellen sind Freiburg, Bulle, Vevey, Chailly-Montreux und Martigny. Die Fahrt zieht sich in die Länge, zumal für die Stopps immer wieder die Autobahn verlassen wird. Zum Glück sind die Sitze sehr bequem. Der Abstand zum Vordersitz ist mit 25 Zentimetern zwar nicht üppig, dafür kann man die Beine unter der nächsten Reihe ausstrecken. Jeder Platz hat eine mehrstufige Fussstütze, eine Leselampe sowie ein Flugzeugtischchen. Die Toilette ist sauber, aber klein.
Mit nur 3 Minuten Verspätung auf den Fahrplan kommt der Bus nach 4 Stunden 48 Minuten in Sitten an. Der Chauffeur verabschiedet sich per Lautsprecher vom einzigen Fahrgast und hofft auf ein Wiedersehen.
Fernbus-Leiter Roger Müri sagt, die Auslastung der neuen Linien liege «im Bereich unserer Erwartungen». Es brauche etwas Zeit, bis das Angebot bekannter sei.
Für die Heimreise mit der Bahn muss man erst einmal eine knappe Viertelstunde zu Fuss gehen. Grund: Die Eurobus-Endhaltestelle liegt etwas ausserhalb beim Regionalflughafen Sitten. Der Zug trifft pünktlich ein. Er besteht aus ein- und zweistöckigen Wagen. Die Fahrzeit nach Zürich beträgt wie vorgesehen 2 Stunden 33 Minuten. Der Intercity ist nicht stark belegt. Deshalb ist es möglich, die Beine auszustrecken. Bei intensiver Auslastung wäre der Sitzkomfort markant schlechter als im Bus. Mehr Platz bietet die Toilette, dafür riecht sie unangenehm. Gleich schlecht wie im Bus sind die Verpflegungsmöglichkeiten. Der Speisewagen ist nicht mit den drei einstöckigen Wagen verbunden.
Fazit: Der Zug ist eindeutig schneller als der Bus. Wer viel Zeit hat und günstig, aber bequem reisen will, hat mit Eurobus eine gute Alternative.
Fernbusse lassen SBB-Preise purzeln
Seit Eurobus Swiss Express unterwegs ist, haben die SBB auf den entsprechenden Strecken das Angebot an Sparbilletten erhöht und deren Preise stark reduziert. Ein Preisvergleich des «K-Tipp» ergab: Das günstigste SBB-Sparbillett kostet fast immer weniger als das normale Fernbusticket («K-Tipp» 12/2018). Aber auch Eurobus bietet vergünstigte Billette an. Auf den ersten Sitzplätzen jeder Verbindung gibt es 50 Prozent «Frühbucherrabatt». Dieser Frühbucherpreis liegt meistens unter dem günstigsten SBB-Sparbillett.
Sparbillette gibt es auf SBB.ch und in der SBB-App. Die günstigsten Fernbus-Tickets sind unter Swiss-express.ch buchbar. Ein Ticketkauf direkt beim Chauffeur ist möglich. Allerdings zahlt man dann den Normalpreis.