Magenschmerzen, Sodbrennen, Aufstossen – dagegen sollen Medikamente wie Nexium, Pantozol, Antramups oder entsprechende Generika helfen. Das versprechen die Hersteller.
Über 1,5 Millionen Krankenkassenversicherte schlucken laut Helsana-Arzneimittelreport Magensäureblocker. Zwischen 2011 und 2015 nahm die Anzahl um einen Fünftel zu. Heute nehmen 18 Prozent der Bevölkerung diese Medikamente ein. Das wundert Christoph Gubler nicht. Er ist Chefarzt Gastroenterologie am Kantonsspital Winterthur. «Die Medikamente sind gut verträglich und wirken bei manchen Krankheiten gut.» Sie liessen gutartige Magengeschwüre schnell abheilen oder würden gegen Reflux-Erkrankungen helfen. Dabei gelangt Magensäure in die Speiseröhre. Das erzeugt Sodbrennen und kann die Schleimhaut der Speiseröhre beschädigen. Die Tabletten hemmen die Säureproduktion.
Nur die Hälfte hat ein ernstes Magenproblem
Thomas Rosemann, Professor für Hausarztmedizin an der Universität Zürich, sagt, viele Spitäler setzten die Medikamente «schon fast routinemässig» ein. Und Chefarzt Gubler weiss aus Erfahrung, dass «viele anfangs sinnvolle Therapien jahrelang weiterlaufen».
Jeder Zweite, der Säurehemmer nimmt, hat gar kein schweres Magenleiden. Das zeigen Studien aus Grossbritannien. Studien für die Schweiz gibt es keine. Laut der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten nehmen viele Patienten die Tabletten wegen eher leichter Beschwerden wie Reizmagen, Völlegefühl, Sodbrennen oder Übelkeit. Ob die Tabletten dagegen helfen, sei wissenschaftlich nicht belegt.
Fettes Essen, Alkohol, Rauchen oder Übergewicht als Ursache
Viele der Beschwerden treten nur auf, weil die Patienten zu fett essen, zu viel Alkohol trinken, rauchen oder übergewichtig sind. Die Gesellschaft für Gastroenterologie warnt: «In jüngster Zeit mehren sich Hinweise, dass der Dauerkonsum mehr Nebenwirkungen verursachen könnte, als bislang bekannt ist.» Dazu begünstige er Osteoporose und Knochenbrüche.
Eine Studie im US-Fachmagazin «Jama» wies 2016 nach, dass das Risiko von Nierenversagen durch die langjährige Einnahme von Magensäurehemmern 75 Prozent steigt. Dänische Forscher stellten fest, dass Leute, welche die Tabletten nehmen, häufiger Schlaganfälle erleiden als solche, die darauf verzichten (saldo 1/2017). Zudem kommt man nur schwer von ihnen los: Setzt man die Säurehemmer abrupt ab, schiesst die Magensäureproduktion in die Höhe. Viele Patienten haben dann mehr Beschwerden als am Anfang der Therapie.
Medizinprofessor Rosemann rät: «Wer Medikamente auf Dauer nimmt, sollte mit seinem Arzt einmal im Jahr überprüfen, ob er sie noch braucht.» Falls nein, solle man die Dosis langsam reduzieren.