Seit 2012 müssen Spitäler stationäre Behandlungen nach einheitlichen Tarifen abrechnen, sogenannten Fallpauschalen. Dabei gibt es Preisunterschiede. Beispiel: Das Universitätsspital Zürich verlangt für das Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks je nach Kasse 21 144 bis 22 196 Franken. In der Regionalklinik St. Georg in Goldach SG kostet der Eingriff 16 550 Franken, rund 20 Prozent weniger. Das Unispital Zürich stellt den meisten Kassen für eine Blinddarmoperation 7752 Franken in Rechnung. Die Clinica Luganese Moncucco will dafür nur 5780 Franken.
Ob Kaiserschnitt, Magenspiegelung oder Prostatabehandlung – bei den zwanzig am häufigsten durchgeführten Behandlungen ist das Unispital Zürich stets am teuersten. Es folgen die anderen Uni- und Kantonsspitäler. Kleinere Kliniken sind meist günstiger. Das zeigt eine neue Statistik des Preisüberwachers (www.spitaltarife.preisueberwacher.ch).
Unispitäler operieren zu Höchstpreisen
Der Patient zahlt maximal 700 Franken Selbstbehalt plus Franchise, den Rest übernimmt die Kasse. Die hohen Preise von Unispitälern belasten vor allem die Grundversicherung. Sandra Kobelt vom Krankenkassen-Verband Santésuisse ist überzeut: «Kleinere Spitäler können leichte Eingriffe genauso gut, aber günstiger erledigen.» Stattdessen führten die Unispitäler in Genf, Lausanne und Zürich im Jahr 2015 zum Beispiel über 1000 Blinddarm-Operationen durch – zu Höchstpreisen.
Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert, dass grosse Spitäler viel höhere Grundtarife haben. Und die Preise deshalb für alle Behandlungen höher sind als in kleineren Kliniken (siehe Kasten). Alle Grundtarife über dem aktuellen Mittelwert von rund 9400 Franken seien «zu hoch». Er geht davon aus, dass diese Spitäler «in der Regel zu wenig effizient arbeiten».
Ähnlich argumentiert Stefan Felder, Professor für Gesundheitsökonomie an der Uni Basel. Er verglich die Grundtarife öffentlicher und privater Spitäler. Ergebnis: Die Prämien- und Steuerzahler zahlten im Jahr 2015 aufgrund der höheren Grundtarife öffentlicher Spitäler 449 Millionen Franken mehr für Spitalbehandlungen als nötig.
Die Unispitäler behaupten, sie bräuchten für leichtere Fälle höhere Grundtarife, um damit die Ausgaben für «komplizierte» Fälle zu subventionieren. Kleinere Spitäler würden Patienten mit komplexen Problemen häufig in ein Unispital verlegen. Laut Martin Gerber, Finanzchef des Unispitals Basel, decken die medizinischen Fallpauschalen für «hochkomplexe Fälle» die Kosten nicht.
Kantone wollen für ihre Spitäler möglichst hohe Einnahmen
Gesundheitsökonom Felder nennt dies eine «Schutzbehauptung»: Das Tarifsystem bilde mit seinen über tausend Fallpauschalen und Härtefallregeln «die Uneinheitlichkeit der Spitalpatienten angemessen ab». Dass einige Spitäler zusätzlich höhere Grundtarife kassieren, schreibt er allein «der Macht der Kantone» zu. Sie seien als Eigentümer der Uni- und Kantonsspitäler an hohen Einnahmen interessiert und könnten hohe Grundtarife durchsetzen.
Felder fordert mehr Wettbewerb: Jede Kasse sollte die Preise und Fallzahlen mit einzelnen Spitälern selbst vereinbaren dürfen.
In Zürich sind die Grundtarife am höchsten
Die Spitäler dürfen mit den Krankenkassen unterschiedliche Grundtarife für die Berechnung der Fallpauschalen vereinbaren. Können Sie sich nicht einigen, hat der Kanton das letzte Wort. Den günstigsten Grundtarif hatte im Jahr 2017 das Ospedale Malcantonese im Kanton Tessin mit 6800 Franken, den höchsten hatte das Uni-Kinderspital Zürich mit 12 400 Franken. Der Tarif des Unispitals Zürich lag bei 11 300 Franken. Der Grundtarif eines Spitals ist die Basis der Rechnung. Er wird je nach Diagnose und Behandlung mit einem für die ganze Schweiz gleichen Faktor multipliziert. Beispiel: Bei einer Mandelentfernung beträgt der Faktor 1,065. Dieser wird mit dem Grundtarif multipliziert. So kommt das Unispital Zürich auf eine Rechnungssumme von 12 036 Franken, das Ospedale Malcantonese verlangt nur 7242 Franken.