Ein Meilenstein für Swiss», freute sich die Airline, als sie letzten Sommer den «Flüsterjet» CS100 vorstellte. Er sei leiser als die Vorgängermodelle.
Doch leisere Flugzeuge bedeuten nicht weniger Lärm. Laut Kurt Eggenschwiler, Akustiker bei der eidgenössischen Materialprüfungsanstalt, ist der Effekt gering, weil immer noch viele ältere und laute Maschinen im Einsatz seien.
Und vor allem nimmt der Flugverkehr ständig zu. Drei Beispiele:
Im Jahr 2010 verzeichnete der Flughafen Genf 177 400 Flugbewegungen. Letztes Jahr waren es 189 840.
Am Flughafen Basel starteten und landeten 2010 exakt 77 154 Flugzeuge. 2016 waren es 95 545.
In Zürich liegt die Zahl konstant bei rund 265 000 Starts und Landungen.
Ärztin Ottilia Lütolf Elsener bestätigt: «Die Reduktion der Lautstärke durch neue Flugzeuge wird durch die Zunahme an Flugbewegungen zunichte gemacht.» Die Luzernerin ist Mitglied der eidgenössischen Kommission für Lärmbekämpfung.
Viele Lärmbetroffene und bald noch mehr Flugverkehr
Gemäss dem Zürcher Fluglärmindex 2016 fühlen sich fast 62 000 Personen durch «Fluglärm stark gestört». Damit wird der vom Zürcher Regierungsrat festgelegte Richtwert massiv überschritten. Dieser sieht vor, dass höchstens 47 000 Personen vom Lärm betroffen sein sollten. Und Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Mit geplanten neuen An- und Abflugrouten sollen bald 70 Starts und Landungen pro Stunde möglich sein statt wie bisher bis zu 66.
Lärm erhöht Risiko für Herzinfarkt und Diabetes
Zwei kürzlich vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut in Basel veröffentlichte Studien kommen zum Ergebnis, dass das Herzinfarktrisiko ab einem Durchschnittslärm von 40 Dezibel um fünf Prozent ansteigt. Auch das Risiko, an Diabetes zu erkranken, steigt mit zunehmender Lärmbelastung stark. «Das Problem wird unterschätzt», sagt Studienleiter Martin Röösli. «Man hat das Gefühl, sich an den Lärm gewöhnen zu können – doch der Körper gewöhnt sich nicht daran.»
Ein weiteres Problem: Die Nachtruhe wird auf den Flughäfen permanent verletzt.
Beispiel Flughafen Basel: Hier stieg die Lärmbelastung in den Randstunden von 22–24 Uhr und von 5–6 Uhr. 2010 gab es während diesen Zeiträumen 7710 Flugbewegungen, im letzten Jahre bereits 8832.
Beispiel Flughafen Zürich: Hier gilt seit 2010 eine gesetzliche Nachtruhe von 23–6 Uhr. Doch die wird kaum eingehalten. Laut Gesetz dürfen nämlich als Puffer zwischen 23 und 23.30 Uhr die letzten Flugzeuge Zürich verlassen – und das wird reichlich genutzt (siehe Grafik im PDF). 2015 waren ab 23 Uhr nur 17 Nächte lärmfrei.
Zuständig für die Fluglärmregulierung ist auch das Bundesamt für Zivilluftfahrt. saldo wollte wissen, was die Behörde gegen die Zunahme der Starts und Landungen nach 23 Uhr unternimmt. Das Bundesamt wollte dazu nicht Stellung nehmen.