Das Bundesamt für Gesundheit wirbt auf Plakaten und Inseraten für die nächste Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus. Gemäss dem Bundesamt ist die Impfung «sehr empfohlen für Personen ab 65 Jahren», es hätten aber «alle ab 16 Jahren die Möglichkeit, ihre Impfung aufzufrischen». Die aktuelle Werbekampagne kostet laut dem Bundesamt rund 1,4 Millionen Franken.
Was auf den Plakaten nicht steht, das Bundesamt aber bestätigt: 97 von 100 Personen in der Schweiz haben Antikörper gegen das Coronavirus, weil sie geimpft oder genesen sind. Sie sind deshalb in der Regel gut gegen einen schweren Verlauf geschützt («Gesundheitstipp» 10/2022).
Eine Impfung ist ein präventiver Eingriff an gesunden Menschen. Deshalb sollte der Nutzen die Nebenwirkungen mehr als aufwiegen. Diese sind nach der Corona-Impfung aber zahlreich und oft schwerwiegend.
In der Schweiz wertete die Heilmittelbehörde Swissmedic seit Impfstart Ende 2020 knapp 16 000 Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen aus. 38 Prozent davon wurden von den Meldenden als «schwerwiegend» taxiert. Darunter fallen beispielsweise Fieber und Schüttelfrost, aber auch Gürtelrose und Herzmuskelentzündungen.
Seit Ende 2020 wurden 16 Millionen Impfdosen verabreicht. Das bedeutet: Pro 1000 Impfungen erhielt Swissmedic eine Meldung zu Nebenwirkungen.
Allerdings dürfte es eine hohe Dunkelziffer geben, wie ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt. Swissmedic erfasst die Nebenwirkungen nicht systematisch, sondern begnügt sich damit, auf Meldungen von Ärzten und Spitälern zu warten. Doch diese melden häufig Nebenwirkungen nicht, die über die bekannten Symptome wie Kopfschmerzen und Müdigkeit hinausgehen (saldo 17/2021).
In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut zuständig für die Auswertung der Meldungen. Es registrierte nach rund 183 Millionen Corona-Impfungen seit Ende 2020 rund 320 000 Meldungen – das sind 1,8 Meldungen pro 1000 Impfungen – also 80 Prozent mehr als in der Schweiz. Rund 15 Prozent davon wurden als schwerwiegend bezeichnet.
Zahlen zur Grippeimpfung fehlen in der Schweiz
Wie hoch ist die Zahl der Nebenwirkungen im Vergleich zu den saisonalen Grippeimpfungen? Swissmedic erfasste in den Jahren 2017 bis 2021 gesamthaft rund 230 Meldungen – also markant weniger als bei den Corona-Impfungen innert knapp zwei Jahren.
Wie viele Dosen der Grippeimpfung in diesem Zeitraum verabreicht wurden, wissen laut eigenen Angaben weder das Bundesamt für Gesundheit noch Swissmedic. Beide Behörden beantworteten die Fragen von saldo nicht.
Licht ins Dunkel bringen Zahlen aus Deutschland: Dort wurde zwischen 2011 und 2018 total 105 Millionen Mal gegen Grippe geimpft. In diesen acht Jahren erhielten die deutschen Behörden total 26 500 Meldungen zu Nebenwirkungen nach Impfungen. Diese sind allerdings nicht pro Wirkstoff aufgeschlüsselt – enthalten also auch Meldungen zu anderen Impfungen wie etwa gegen Mumps-Masern-Röteln und Hepatitis.
Im unwahrscheinlichen Fall, dass alle Meldungen aufgrund der Grippeimpfung erfolgten, wären das 1 Nebenwirkung auf 4000 Grippeimpfungen. Bei Corona waren es 1 auf 555 Impfungen. In Deutschland wurden wie in der Schweiz hauptsächlich die Impfstoffe von Pfizer und Moderna eingesetzt.
Gründe für Nebenwirkungen sind unklar
Auch Robert Kaplan, emeritierter Medizinprofessor an der kalifornischen Stanford-Universität, und der emeritierte Epidemiologe Sander Greenland von der University of California in Los Angeles kamen in einer Studie zum Schluss, dass die Corona-Impfungen von Pfizer und Moderna im Vergleich deutlich mehr Nebenwirkungen verursachen als andere Impfstoffe. Ihre Arbeit veröffentlichte das Fachmagazin «Vaccine».
Sie fanden auf 800 Geimpfte einen schwerwiegenden Zwischenfall – das entspreche 1250 schwerwiegenden Ereignissen pro Million Geimpfter. Zum Vergleich: Gemäss dem US-Gesundheitsdepartement liegt diese Rate bei anderen Impfstoffen bei nur 1 bis 2 pro Million Menschen.
Die Ursache für die hohe Zahl von Nebenwirkungen nach einer Corona-Impfung dieser Hersteller ist unklar. Fakt ist: Die mRNA-Impfstoffe von Moderna und Pfizer funktionieren anders als alle anderen Impfungen. Es werden dabei keine Krankheitserreger verabreicht, um den Körper zu einer Immunantwort zu veranlassen. Die mRNA-Injektion enthält einen Bauplan für ein Eiweiss des Erregers. Der Körper soll dann Antikörper gegen dieses Eiweiss bilden. Damit die mRNA-Impfungen funktionieren, bestehen sie aus einem Cocktail unterschiedlichster Substanzen (saldo 7/2021).
Was kaum jemand weiss: Die Hersteller müssen Impfungen deutlich weniger streng testen als Medikamente, bevor sie sie auf den Markt bringen dürfen. Zudem waren die grossen Impfstudien von Pfizer und Moderna, die als Grundlage für die Zulassung der Impfungen gegen Corona dienten, nicht «doppelblind». Das berichtete die Internetplattform «Infosperber» mit Verweis auf Unterlagen zuhanden der US-Arzneimittelbehörde FDA.
Doppelblind bedeutet: Die Studienteilnehmer wissen nicht, ob ihnen der Impfstoff oder nur eine wirkungslose Salzwasserlösung gespritzt wurde. Dieses Wissen kann Studienresultate markant beeinflussen. Medikamente müssen, bevor sie für Patienten zugelassen werden, in Doppelblind-Studien ausführlich getestet werden. Dieser Sicherheitsstandard gilt für die Corona-Impfstoffe nicht.
Pfizer: Bläschen im Impfstoff
Swissmedic unterzog die neuste Version des Impfstoffs von Pfizer einer genaueren Untersuchung. Grund: In Impfzentren hatte man festgestellt, dass sich bei der Aufbereitung des Impfstoffs Bläschen bildeten. Swissmedic kam zum Schluss, dass kein Problem bestehe. Als Ursache für die Bläschen kämen etwa Druck- oder Temperaturunterschiede bei der Aufbereitung der Dosen in Frage. Die betroffene Charge könne aber weiterhin eingesetzt werden.