Schweizer Bauern verspritzen mehr Pestizide als ihre Kollegen in Deutschland, Frankreich und Österreich (saldo 17/2011). Das gefährdet das Trinkwasser und die Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen (saldo 8/2015). Doch wie bringt man Bauern dazu, weniger Gift zu versprühen? Der Kanton Bern und der kantonale Bauernverband versuchen es mit viel Geld.
Ab 2017 winken den Bauern fast 63 Millionen Franken
Für das «Ressourcenprojekt Pestizide» erhalten sie aus der Bundeskasse 52,1 Millionen Franken. Der Kanton steuert 10,6 Millionen Franken bei. Bauern können ab 2017 sechs Jahre lang dafür Geld abholen, dass sie weniger Pestizide einsetzen. Einige Beispiele:
200 Franken pro Hektar und Jahr erhält ein Bauer, wenn er sein Getreide oder seinen Raps nur noch ein Mal im Jahr mit Fungiziden oder Insektiziden behandelt. Viele tun das heute zwei Mal.
- 400 Franken pro Hektar im Jahr streicht ein Bauer ein, wenn er Getreide, Raps oder Mais nicht mehr mit Herbiziden behandelt.
- Verzichtet er auf das umstrittene Glyphosat, zahlt ihm der Kanton im Frühjahr 200 Franken pro Hektar und im Herbst 100 Franken.
- Auch der Einsatz von Schlupfwespen gegen den Maiszünsler wird belohnt – im Jahr mit 150 Franken pro Hektar.
Ein neuer Waschplatz für die Spritzen im Hof gilt ebenfalls als förderungswürdig. Der Kanton übernimmt 80 Prozent der Kosten.
1000 Franken pro Hektar bekommt ein Bauer im Jahr, der seine Obstkulturen, Reben oder Beeren mit Netzen vor Schädlingen schützt.
«Geld für Leistungen, die selbstverständlich sein sollten»
Andreas Bosshard von der Agrarfachleutevereinigung «Vision Landwirtschaft» kritisiert: «Hier werden Praktiken mit viel Geld unterstützt, die für konventionell produzierende Bauern im Rahmen des ökologischen Leistungsnachweises selbstverständlich sein müssten.» Franziska Herren vom Verein «Sauberes Wasser für alle» ärgert sich, dass «Bauern Subventionen dafür bekommen, dass sie weiter das Wasser verschmutzen».
Das Bundesamt für Landwirtschaft räumt ein, dass das Projekt die Anzahl der Verstösse gegen den Gewässerschutz nur um 20 Prozent reduzieren soll. Sprecher Jürg Jordi verteidigt das Projekt: Die Teilnehmer müssten weniger Anforderungen erfüllen, bekämen aber auch weniger Subventionen als Bio-Bauern.
Kritiker bezweifeln, dass die Teilnehmer auf Pestizide verzichten, wenn die Subventionen auslaufen. Franziska Hämmerli vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick AG sagt: Statt der jetzigen Subventionen wäre eine Förderung der Umstellung auf Bio-Landwirtschaft das «langfristig wirksamste Mittel, um dauerhaft den Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt zu verringern».
Wenns kein Geld mehr gibt, sinkt das Interesse
Bisherige Erfahrungen stimmen pessimistisch. Der Bund belohnte bis 2013 im «Ressourcenprojekt Ammoniak» Bauern im Thurgau, die ihre Gülle umweltschonend über Schleppschläuche im Boden verteilten, statt sie zu verspritzen. Pikant: Viele Teilnehmer sprangen ab, als es keine Subventionen mehr gab. Am Ende betrug die Ammoniak-Reduktion 8 Prozent. 20 Prozent hätten es sein sollen.