Die Autobranche scheint für Tricksereien besonders anfällig zu sein: zuerst der Dieselskandal, dann die Schummeleien bei den Angaben zum Treibstoffverbrauch. Und jetzt hat die Wettbewerbskommission (Weko) nach fünfjähriger Untersuchung herausgefunden, dass acht Leasingfinanzfirmen wie etwa Amag Leasing, BMW Finanzdienstleistungen und FCA Capital von Fiat über Jahre hinweg die Preise detailliert abgesprochen hatten.
«Sie vereinbarten Zinssätze, Aktionen und die Restwerte der geleasten Autos», sagt Danièle Wüthrich-Meyer, Vizepräsidentin der Weko. Sie einigten sich auch auf die Höhe der Kommissionen an die Händler. Die Absprachen fanden von 2006 bis Anfang 2014 statt.
Vereinbarte Zinssätze per Internet ausgetauscht
Dabei gingen die Firmen zielgerichtet vor: Ab Mitte 2006 fanden regelmässig Treffen statt. Diese dienten als Plattform für den Erfahrungsaustausch. Die Sitzungen führten dann dazu, dass die Firmenvertreter weitere Themen für künftige Meetings festlegten. Dazu gehörte beispielsweise ein regelmässiger Informationsaustausch über die Standard- und Sonderzinssätze – beispielsweise während des Genfer Autosalons mit seinen jeweils Hunderttausenden von Besuchern. Die Teilnehmer machten sich diese Zinssätze gegenseitig über eine Internetplattform zugänglich. So konnten sie ihre Konditionen aufeinander abstimmen.
Mit diesem einfachen System verhinderten die Hersteller einen Wettbewerb, von dem die Käufer hätten profitieren können. Folge: Ihre Kunden zahlten über Jahre viel zu hohe Leasingzinsen. Für das dreiste Vorgehen verhängte die Weko Bussen von insgesamt 30 Millionen Franken.
Was auf den ersten Blick als happig erscheint, zahlen die betroffenen Firmen aus der Portokasse. Mit 8,5 Millionen Franken erhielt Branchenprimus Amag Leasing AG die höchste Busse. Die Firma kann das locker verkraften: 2018 erwirtschaftete allein der Leasingbereich der Amag 68 Millionen Franken Gewinn, ein Jahr zuvor waren es 40 Millionen. 2018 schloss Amag 54 013 neue Leasingverträge ab – so viele wie noch nie in der Geschichte des Unternehmens. Das Kreditvolumen betrug 1,58 Milliarden Franken. Die Amag Leasing AG hatte Ende vergangenen Jahres 148 000 laufende Leasingverträge.
Das zeigt, dass heute ein Grossteil der neuen Autos nicht gekauft, sondern geleast werden. Je nach Marke und Modell sind 30 bis 75 Prozent der Neuwagen per Leasing finanziert. Gemäss Auskunft der Zentralstelle für Kreditinformation waren per Ende 2017 für total 8,7 Milliarden Franken Leasingverträge ausstehend. In dieser Zahl sind sowohl private wie gewerbliche Leasingabschlüsse enthalten.
Konsumenten erhalten von den Bussgeldern nichts
Für die Höhe der 30-Millionen-Franken-Busse stützt sich die Wettbewerbskommission laut Wüthrich-Meyer auf den durchschnittlichen Umsatz der letzten drei Jahre ab: «Bei der jetzt getroffenen einvernehmlichen Regelung werden von diesem Betrag 5 Prozent gerechnet. Hinzu kommt ein Zuschlag je nach Dauer des Verstosses.» Der Basisbetrag reiche sonst je nach Schwere und Art des Verstosses bis zu 10 Prozent.
Neben der Amag-Leasing mit 8,5 Millionen Franken wird BMW Finanzdienstleistungen mit 6,6 Millionen Franken bestraft. Für FCA Capital (Fiat-Leasing) beträgt die Busse 4,4 Millionen, für RCI Finance 3,1 Millionen (Renault, Nissan), für Multilease 2,8 Millionen (Emil Frey-Gruppe, unter anderem mit Toyota, Jaguar, Kia, Mitsubishi), für PSA Finance Suisse (Peugeot) 2,4 Millionen und für Opel Finance 2,1 Millionen. Ford Credit Switzerland hat sich als einzige nicht der einvernehmlichen Regelung angeschlossen. Dort wird ein ordentliches Verfahren weitergeführt. Mercedes-Benz Financial Services geht straffrei aus, da es Anzeige erstattete.
Von den 30 Millionen Franken Bussgelder haben die Konsumenten nichts. Die Busse fliesst in die Bundeskasse. Geschädigte Leasing-Nehmer müssten einzeln auf zivilrechtlichem Weg gegen die Leasingfirma klagen, um Schadenersatz zu erhalten.
Kauf oder Abzahlung ist günstiger
Leasing verbindet die Nachteile der Miete mit den Nachteilen des Eigentums. Wer ein Auto least, ist nur Mieter und nicht Eigentümer des Wagens. Trotzdem muss er eine teure Vollkaskoversicherung abschliessen und den Service in einer Markengarage machen lassen. Zudem ist Leasing teurer als ein Barkauf. Die Leasingfirma schlägt auf die monatlichen Raten einen Zins. Sehr teuer wird eine vorzeitige Vertragsauflösung: Der Wertverlust eines Autos ist in den ersten Jahren besonders hoch. Diesen Verlust müssen Leasingnehmer übernehmen. Am Ende der Laufzeit werden oft noch Kosten für übermässige Gebrauchsspuren verlangt. Wer dann das Auto kaufen möchte, muss so viel zahlen, wie die Leasingfirma festlegt. Günstiger ist der Kauf eines Autos. Auch ein Kauf auf Raten ist weit günstiger als ein Leasing.