Bei einem Neubau ohne Zivilschutzraum zahlt der Bauherr gemäss Eidgenössischer Zivilschutzverordnung einen «Ersatzbeitrag». Dies auch dann, wenn es in der Gemeinde schon genügend Schutzräume gibt. Je nach Kanton kostet das bei einem 6-Zimmer-Haus zwischen 1600 und 3200 Franken.
Bei neuerstellten Überbauungen mit bis zu 38 Zimmern sind auch Abgaben an den Kanton geschuldet. Wer beispielsweise in einem Mehrfamilienhaus mit zwölf Dreizimmerwohnungen keine Schutzräume einbauen will, kann sich je nach Kanton mit 9600 bis 19 200 Franken freikaufen. Bei grösseren Überbauungen ist ein Bunker Pflicht, sofern es im betreffenden Wohngebiet noch nicht genügend Schutzräume gibt.
Laut Zivilschutzverordnung müssen die Gemeinden und Kantone das Geld aus den Ersatzbeiträgen für den Bau von öffentlichen Schutzräumen, für die Renovation von privaten Schutzräumen oder für weitere Zivilschutzaufgaben wie den Kauf von Zivilschutzmaterial verwenden.
Die Pflicht zur Ersatzabgabe besteht seit dem Jahr 1979. Zuerst gingen die Abgaben an die Gemeinden, seit 2012 an die Kantone. Bis 2006 nahmen die Gemeinden 1,3 Milliarden Franken ein. Das geht aus einem Bundesratsbericht hervor. Im selben Zeitraum betrugen die Ausgaben aber lediglich 750 Millionen Franken. 550 Millionen Franken blieben in den Spezial-Kässeli der Gemeinden liegen. Ende 2015 war diese Summe gemäss Bundesamt für Bevölkerungsschutz auf 700 Millionen Franken angestiegen. Allein im Kanton Bern waren es 78,9 Millionen Franken, im Kanton Luzern 47,6 Millionen und im Kanton Graubünden 37,7 Millionen.
Dass die Kantone nicht mehr Geld ausgeben, hat einen Grund: Gemäss den aktuellsten Zahlen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz verfügt die Schweiz über eine Schutzraum-Abdeckung von 106 Prozent – es gibt also mehr Plätze als Einwohner. In einigen Kantonen ist der Überschuss an Bunkerplätzen besonders gross. Der Kanton Aargau zum Beispiel hat rund 645 000 Einwohner, verfügt aber über gut 837 000 Schutzplätze (130 Prozent). Im Kanton Graubünden beträgt die Abdeckung gar 152 Prozent. Nur sechs Kantone liegen unter 100 Prozent.
Linke und rechte Politiker sind für die Abschaffung
Jeder Einwohner muss einen Schutzraumplatz haben, entschied das Parlament 1963. An diesem Grundsatz aus der Zeit des Kalten Krieges hält der Bundesrat auch im Entwurf zum revidierten Bundesgesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz fest, genauso an der Ersatzabgabe. Das Parlament wird die Revision voraussichtlich 2019 diskutieren.
In der im März abgeschlossenen Vernehmlassung fand SP-Präsident Christian Levrat deutliche Worte: «Die Ersatzabgabe ist zu einer sinnlosen Steuer degeneriert.» Die SP will die Pflicht für den Bau von Schutzräumen aufheben. Wer baut, soll auch keine Ersatzbeiträge mehr bezahlen müssen. Auch die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf zweifelt am Sinn der Bunker: «Einer milliardenschweren Versicherungsprämie steht eine höchst unwahrscheinliche Sicherheitsleistung gegenüber.» Und der Berner SVP-Nationalrat Adrian Amstutz sagt: «Es kann nicht sein, dass die Kantone nur abkassieren, ohne die Gelder ihrem Verwendungszweck zuzuführen. Die Ersatzabgabe muss aufgehoben werden.»