Die Gefahr fährt auf dem Rücksitz mit
Eine neue Untersuchung des deutschen Autoclubs ADAC zeigt: Autohersteller schützen Passagiere auf der Rückbank weniger gut als <br />
Fahrer und Beifahrer.
Inhalt
saldo 13/2011
28.08.2011
Letzte Aktualisierung:
30.08.2011
Andreas Grote
Letztes Jahr kam eine australische Studie zum Schluss: Erwachsene Mitfahrer auf dem Rücksitz sind bei Unfällen schlecht geschützt. Die Hersteller hätten zwar die Sicherheit erhöht – aber nur für Fahrer und Beifahrer. Die Forscher hatten 10 000 Unfälle ausgewertet und kritisierten, dass Hersteller keine Crash-Tests mit Dummies machten.
Dies hat der Deutsche Automobilclub ADAC jetzt nachgeholt – und kommt zum gleichen Schluss: Währ...
Letztes Jahr kam eine australische Studie zum Schluss: Erwachsene Mitfahrer auf dem Rücksitz sind bei Unfällen schlecht geschützt. Die Hersteller hätten zwar die Sicherheit erhöht – aber nur für Fahrer und Beifahrer. Die Forscher hatten 10 000 Unfälle ausgewertet und kritisierten, dass Hersteller keine Crash-Tests mit Dummies machten.
Dies hat der Deutsche Automobilclub ADAC jetzt nachgeholt – und kommt zum gleichen Schluss: Während Fahrer und Beifahrer bei Frontalkollisionen oft mit Verletzungen am Unterschenkel davonkommen, erleiden Mitfahrer auf der Rückbank häufig Kopf- und Rumpfverletzungen. Der Grund: fehlende Airbags, mangelhaftes Gurtsystem und ungenügende Kopfstützen. Der ADAC liess Puppen mit 64 km/h in ein Hindernis krachen. Sein Fazit: «Man hat das Gefühl, die Autobauer haben die Rückbank bei der Weiterentwicklung der Sicherheitssysteme vergessen.»
Trotz geringem Aufwand erst wenige Automodelle besser ausgerüstet
So schnitt der Standardgurt auf der Rückbank deutlich schlechter ab als moderne Gurtsysteme für Vordersitze. Ein Gurtkraftbegrenzer auf den Vordersitzen lässt im entscheidenden Moment etwas nach und halbiert so die Kräfte, die auf den Körper wirken. Und ein Gurtstraffer rollt im Moment des Aufpralls den Gurt etwas ein. Damit verhindert er, dass der Kopf nach vorne zu hart aufprallt und es zu Schädelverletzungen kommt. Markus Muser von der Zürcher Arbeitsgruppe für Unfallmechanik bestätigt: «Gurtkraftbegrenzer und Straffer bringen auch auf der Rückbank deutliche Vorteile.» Vor allem, weil es hinten keine Airbags gibt.
Nach Angaben des ADAC bauen erst Mercedes, Audi, Renault und Peugeot den Kraftbegrenzer in fast allen Modellen auch hinten serienmässig ein. Bei BMW, Opel oder Ford fehlt er laut ADAC. Dabei sind die Kosten überschaubar. So räumt Renault gar ein: «Der Mehraufwand ist sehr gering.» Gurtstraffer auf der Rückbank sind noch seltener, etwa bei Modellen von Mercedes und Volvo.
Nachträglich lassen sich die Gurtsysteme nicht einbauen. Wer wissen will, ob die Rücksitze gut ausgerüstet sind, erkennt dies an der Verankerung am Fahrzeugboden. Ein kleines «e» kennzeichnet einen eingebauten Kraftbegrenzer, ein kleines «p» den Gurtstraffer.
Kopfstützen: Lassen sich häufig nicht richtig positionieren
Auch die hinteren Kopfstützen bieten meist zu wenig Schutz, wie der ADAC-Test zeigt: So ist ihr Abstand zum Hinterkopf häufig doppelt so gross, wie er sein sollte. Zudem lassen sich Kopfstützen oft nicht in der Höhe fixieren oder genug ausfahren. Wird der Kopf bei einem Aufprall zuerst nach vorne geschleudert und dann nach hinten überstreckt, weil die Stütze ihn nicht abfängt, kann dies schmerzhafte und langwierige Verletzungen zur Folge haben. Anton Keller, Technikexperte beim TCS: «Schon bei einem Heckaufprall ab 25 km/h kann es zu sehr unangenehmen Langzeitfolgen kommen.» Er empfiehlt daher, beim Kauf eines Neuwagens zu berücksichtigen, dass sich die Kopfstützen weit ausfahren lassen.
Die Hersteller von Ford und Opel wollten sich nicht äussern. BMW schreibt saldo, die hinteren Mitfahrer seien bei BMW auch ohne Gurtstraffer und -begrenzer «sehr wohl sehr sicher untergebracht». Die Passagiere würden aber oft ungünstig sitzen oder «liegen manchmal fast», sodass sie unter den Gurten durchrutschen könnten.
Tipps: Mehr Sicherheit auf den hinteren Sitzen
- Schnallen Sie sich auf dem Rücksitz unbedingt an.
- Ziehen Sie den Gurt straff an.
- Fahren Sie die Kopfstütze so weit aus, dass sie sich genau hinter dem Kopf befindet.
- Achten Sie beim Anschnallen von Kinderschalen und -sitzen auf die richtige Gurtführung und einen straffen Gurt.
- Weitere Tipps auf www.sicheresauto.ch und http://de.euroncap.com.