Geldgier im weissen Kittel
Für seine Recherchen schlüpfte der österreichische Autor Hans Weiss in eine neue Identität. Als «freier Pharmaberater» verschaffte er sich Zutritt zu Ärzten, geheimen Daten und exklusiven Tagungen. Dabei stellte er fest, dass den Pharmafirmen die Innovationskraft für neue Produkte fehlt. Die meisten stecken weniger als 15 Prozent des Budgets in Forschung und Entwicklung, dafür umso mehr ins Marketing. Viele manipulieren zudem Studienergebnisse, verschweigen Nebenwirkungen und vermarkten Pseudo-Neuerungen.
Die Bemühungen der Pharmaindustrie kreisen um den Arzt. Die internationalen Stars der weissen Zunft sind am meisten umworben. Laut geheimen Listen kassieren sie bis 3400 Franken pro Stunde dafür, dass sie ihre Namen für firmeneigene Studien hergeben, Vorträge halten oder Artikel publizieren, in denen sie Medikamente propagieren. Weiss’ Fazit: «Weite Bereiche der Medizin haben ihre Seele an die Pharmaindustrie verkauft.»
Auch Schweizer Mediziner stehen im Fokus des Autors: Im Anhang finden sich Namen von Ärzten, die Honorare grosser Firmen kassieren. Der zweite Anhang listet Konzerne auf, die rechtswidriger und unethischer Praktiken überführt oder verdächtigt werden. Hier sind auch Roche und Novartis aufgeführt. Das Buch beeindruckt durch Fakten und Zahlen. Nicht alles ist neu, auch verfällt der Autor zuweilen in den Ton des Anklägers.
Hans Weiss, «Korrupte Medizin. Ärzte als Komplizen der Konzerne», Kiepenheuer & Witsch, ca. Fr. 35.–
Buch-Tipps
So missbrauchen Multis ihre Macht
Der Journalist Klaus Werner-Lobo hat jahrelang recherchiert, wie Konzerne, etwa Nike oder Pfizer, ihre Macht ausnützen, um ihre Gewinne zu erhöhen. Er forschte im Kongo, aber auch als angeblicher Rohstoffhändler vom Schreibtisch aus. So zeigt Werner-Lobo auf, wie Erz aus dem Rebellengebiet im Kongo zu H. C. Starck gelangt, einer deutschen Tochterfirma von Bayer. Das im Erz enthaltene Edelmetall Tantal dient der Herstellung elektronischer Bauteile. Mit dem Erlös finanzieren die Rebellen ihren Krieg gegen die Zivilbevölkerung. Der Autor bringt anschauliche, aber nicht immer neue Beispiele solcher Wirtschaftsverknüpfungen. Er rät Globalisierungskritikern, sich zu vernetzen und ein neues Weltbild zu schaffen. Klare Lösungsansätze sucht man aber vergebens.
Klaus Werner-Lobo, «Uns gehört die Welt!», Hanser, ca. Fr. 26.–
Warum die Weltwirtschaft kollabierte
Für Ulrich Schäfer, Wirtschaftsredaktor der «Süddeutschen Zeitung», begann die Wirtschaftskrise 1971, als US-Präsident Richard Nixon das Bretton-Woods-System mit seinen festen Wechselkursen für tot erklärte. Danach folgte eine Politik, die die Finanzmärkte von Regeln befreite und den entfesselten Kapitalismus erlaubte. Die Wirtschaft, wie wir sie bisher kannten, ging im Herbst 2008 unter. Es werde etwas Neues entstehen, glaubt Schäfer: «Eine andere Marktwirtschaft. Eine sozialere Marktwirtschaft.» Das Buch endet mit 22 Regeln, was nun zu tun ist: etwa die Finanzmärkte bändigen, Steueroasen austrocknen oder in die Bildung investieren. Das faktenreiche Buch ist für all jene lesenswert, die sich für Wirtschaftsgeschichte und das Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik interessieren.
Ulrich Schäfer, «Der Crash des Kapitalismus», Campus, ca. Fr. 36.–
Die Online-Reputation aktiv gestalten
Viele Menschen sind im Internet auffindbar, ohne dass sie es wissen. Das kann vor allem für beruflich Ambitionierte gefährlich werden. Denn laut Autor Klaus Eck googeln immer mehr Personalverantwortliche Kandidaten für Jobs. Ein peinliches Bild von einer Betriebsfeier oder ein deplatzierter Blog-Eintrag eines Kollegen können zu Stolpersteinen beim Karriereaufstieg werden. Der Autor rät deshalb, sich selbst aktiv um die eigene Online-Reputation zu kümmern. Dazu gehört der Aufbau einer eigenen Website sowie das Bewirtschaften von Social-Media-Instrumenten wie Xing oder Facebook, die der Kontaktpflege dienen. Denn ein gutes persönliches Netzwerk ist laut dem Autor der beste Schutzschild gegen Angriffe.
Klaus Eck, «Karrierefalle Internet. Managen Sie Ihre Online-Reputation, bevor andere es tun!», Hanser, ca. Fr. 36.–