Sich wehren geht ins Geld
Wer sich gegen eine Natel-Antenne wehren will, muss über das richtige Vorgehen genau Bescheid wissen - und mit hohen Kosten rechnen.
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K-Tipp 9/2004
05.05.2004
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Charles Stäuble aus Horw LU klagt über Schmerzen, seit in seiner Nachbarschaft eine Mobilfunk-Antenne steht. Deren Besitzerin, die Telefongesellschaft Sunrise, will die Antenne nun sogar ausbauen, damit sie UMTS-tauglich wird (siehe K-Tipp 6/04).
Stäuble erhob bei der Gemeinde Einsprache und bekam Recht. Die Gemeinde trug bei ihrem Entscheid dem Umstand Rechnung, dass das «Gefahren- und Schädigungspotenzial wissenschaftlich weder nachgewiesen noch ausgeschlossen ist». Auch d...
Charles Stäuble aus Horw LU klagt über Schmerzen, seit in seiner Nachbarschaft eine Mobilfunk-Antenne steht. Deren Besitzerin, die Telefongesellschaft Sunrise, will die Antenne nun sogar ausbauen, damit sie UMTS-tauglich wird (siehe K-Tipp 6/04).
Stäuble erhob bei der Gemeinde Einsprache und bekam Recht. Die Gemeinde trug bei ihrem Entscheid dem Umstand Rechnung, dass das «Gefahren- und Schädigungspotenzial wissenschaftlich weder nachgewiesen noch ausgeschlossen ist». Auch die Nähe zu Kindergarten, Schule und Spielplatz spielte beim Entscheid eine Rolle.
Sunrise zog den Fall ans kantonale Verwaltungsgericht weiter. Stäuble reichte beim Gericht eine Stellungnahme ein. Damit war er weiterhin Partei. Und das sollte sich rächen. Denn das Verwaltungsgericht entschied zu Gunsten von Sunrise. Die unterlegenen Parteien müssen nun dem Kanton die amtlichen Kosten und der Telefongesellschaft eine Parteientschädigung zahlen. Weil Stäuble Partei ist, muss er 1370 Franken zahlen, die Gemeinde Horw über 4000 Franken.
Kosten von 14 000 Fr. sind keine Seltenheit
Es hätte noch schlimmer kommen können. Denn beim Luzerner Verwaltungsgericht sind Spruchgebühren von 100 bis 20000 Franken vorgesehen - je nach Aufwand, Wichtigkeit, Schwierigkeit und Höhe des Streitwerts.
Charles Stäuble ist empört. «Ich leide unter der Antenne. Und nun muss ich auch noch dafür bezahlen.»
Hans-Ulrich Jakob, der in Schwarzenburg BE während Jahrzehnten gegen den Kurzwellensender ankämpfte und Elektrosmog-Betroffene berät, ist nicht erstaunt. «Bei den Kantonen sind Kosten von 5000 Franken üblich», sagt er, «vor Bundesgericht ist gar mit 12000 bis 14000 Franken zu rechnen.»
Wenn Sie sich gegen eine geplante Mobilfunk-Antenne wehren wollen, gehen Sie am besten so vor:
- Nach der Baupublikation (in der Regel im amtlichen Anzeiger) haben Sie - je nach Kanton - 20 bis 30 Tage Zeit für eine Einsprache.
- Informieren Sie sich bei der Gemeinde über das Vorgehen und allfällige Kosten.
- Nennen Sie in Ihrer Einsprache das Objekt, beantragen Sie die Abweisung und liefern Sie eine Begründung.
- Begründen können Sie die Einsprache mit gesundheitlichen oder ästhetischen Bedenken sowie Argumenten zum Umwelt-, Natur- und Heimatschutz.
- Lassen Sie durch einen Anwalt oder einen Fachmann prüfen, ob die prognostizierte Strahlung die Grenzwerte der Nis-Verordnung übersteigt und ob das Projekt gegen Bau- und Planungsvorschriften verstösst.
- Sollten Sie bei der Gemeinde verlieren, können Sie bei der nächsten Instanz rekurrieren.
- Wenn Sie hingegen gewinnen, müssen Sie damit rechnen, dass die Gegenseite den Entscheid weiterzieht. Sollte die Gegenseite vor der nächsten Instanz gewinnen, müssen Sie die Kosten übernehmen.
- Ziehen Sie einen Entscheid nie weiter, solange die Finanzierung nicht gesichert ist.
- Falls Sie fachliche oder juristische Hilfe brauchen, finden Sie im Internet Organisationen, die weiterhelfen.
- Sollten Sie vor der kantonalen Instanz verlieren, bleibt nur noch der Gang vors Bundesgericht. Und der kann, wie erwähnt, ganz schön ins Geld gehen.
Schadenersatz für den Wertverlust
Ist die Mobilfunk-Antenne bereits in Betrieb, gibt es die Möglichkeit, Schadenersatz für den Wertverlust Ihrer Liegenschaft zu verlangen. Dieser kann mit einer Zivilrechtsklage (Nachbarrecht) beim Friedensrichter oder im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Enteignungsverfahrens geltend gemacht werden. Auf dem Zivilweg können Sie auch ein Verbot übermässiger Einwirkungen beantragen.
Ob solche Klagen Erfolg haben, ist offen. Zahlreiche Fälle sind beim Bundesgericht hängig; ein höchstrichterlicher Entscheid liegt noch nicht vor.
Hilfe im Netz
- Institut für biologische Elektrotechnik Schweiz: www.ibes.ch
- Ombudsstelle Mobilkommunikation und Gesundheit: www.gigaherz.ch
- Info- und Interessengemeinschaft E-Smog: www.e-smog.ch
- Schweizerische Energie-Stiftung: www.energiestiftung.ch
- Stiftung Landschaftsschutz: www.sl-fp.ch
- Bundesamt für Kommunikation: www.bakom.ch