Salmonellen: Das Risiko den Kunden
Inhalt
saldo 14/2001
12.09.2001
Letzte Aktualisierung:
19.01.2009
Melanie Herr
Eine saldo-Stichprobe zeigt: In der Schweiz wird oft Hühnerfleisch verkauft, das mit Salmonellen und Campylobacter-Bakterien verseucht ist. Das Urteil des Labors: gesundheitsgefährdend.
Die Passagiere des Kreuzfahrtschiffs MS Switzerland hatten sich ihre Ferien in Norwegen anders vorgestellt: 100 der 604 Reisenden erkrankten Mitte August an einer Salmonellenvergiftung und litten an starkem Durchfall. Vier mussten ins Spital eingeliefert werden.
Mit Salmonel...
Eine saldo-Stichprobe zeigt: In der Schweiz wird oft Hühnerfleisch verkauft, das mit Salmonellen und Campylobacter-Bakterien verseucht ist. Das Urteil des Labors: gesundheitsgefährdend.
Die Passagiere des Kreuzfahrtschiffs MS Switzerland hatten sich ihre Ferien in Norwegen anders vorgestellt: 100 der 604 Reisenden erkrankten Mitte August an einer Salmonellenvergiftung und litten an starkem Durchfall. Vier mussten ins Spital eingeliefert werden.
Mit Salmonellen ist nicht zu spassen. In jedem zwanzigsten Fall kann eine Ansteckung tödlich enden - so die Ärzte-Organisation «medicine worldwide». Die Symptome der Erkrankung treten häufig schon wenige Stunden nach dem Essen auf, spätestens aber nach drei Tagen. Heftige Bauchschmerzen, wässrige Durchfälle, Erbrechen und Fieber sind die Regel. Die auslösenden Bakterien finden sich in ungenügend gekochten Eierspeisen und rohem Hühnerfleisch.
Campylobacter nur in schweizerischem Pouletfleisch
Salmonellen sind aber nicht die einzigen Erreger, die heftigen Durchfall verursachen. Ein kürzlich erschienener Bericht des Kantonslabors St. Gallen zeigt: In der Schweiz erkranken dreimal mehr Menschen an den ebenfalls sehr aggressiven Campylobacter-Bakterien.
Auch sie kommen vor allem in rohem Geflügelfleisch vor. Bei einer Infektion tritt nach zwei bis zehn Tagen Durchfall auf. Laut Kantonalem Labor Basel-Landschaft wird landesweit mit 150 000 Campylobacter-Erkrankungen pro Jahr gerechnet. Als Spätfolgen kann es in einem von tausend Fällen zu Lähmungserscheinungen kommen. Das sind immerhin 150 sehr schwer erkrankte Patienten pro Jahr.
Das gesundheitsgefährdende Potenzial von rohem Hühnerfleisch war für saldo Anlass, in verschiedenen Läden Stichproben zu nehmen: In Luzern, Dietlikon, Schaffhausen und Zürich wurden insgesamt 18 Packungen Pouletfleisch gekauft und anschliessend im Labor auf Salmonellen und Campylobacter untersucht. Das beunruhigende Resultat: Was den hundert erkrankten Passagieren der MS Switzerland widerfuhr, hätte ihnen auch zu Hause passieren können. Denn in drei Proben der Grossverteiler Migros, Denner und Pick Pay wurden Salmonellen gefunden. Das Fleisch stammte aus Ungarn und China.
Zwei weitere Fleischproben aus der Migros und der Gourmet Factory von Jelmoli waren mit Campylobacter verseucht. Pikant: In beiden Fällen handelte es sich um Schweizer Fleisch. Das Urteil des untersuchenden Labors: gesundheitsgefährdend.
Spielen die Grossverteiler also bewusst mit der Gesundheit der Bevölkerung? Migros, Denner, Pick Pay und Jelmoli geben an, regelmässige Qualitäts- und Hygienekontrollen durchzuführen, um die Verseuchung des Fleisches so gering wie möglich zu halten. Die Hersteller würden informiert und um Verbesserungen gebeten.
Kunden werden zu wenig vor den Gefahren gewarnt
Doch letztlich schieben sie die Verantwortung auf die Konsumenten ab: Peter Kradolfer von der Migros: «Wenn man richtig mit dem Pouletfleisch umgeht, sind Salmonellen und Campylobacter kein Problem.» Die krankmachenden Keime würden ja bei genügendem Erhitzen abgetötet.
Nur: Seit langem ist bekannt, dass die meisten Erkrankungen auf nicht richtig durchgegarte Poulets oder auf ungekochte Lebensmittel zurückzuführen sind, die mit verseuchtem Hühnerfleisch in Berührung kamen. Weshalb werden die Kundinnen und Kunden vor diesen Gefahren nicht gewarnt? Niklaus Jäggi vom Kantonalen Labor Basel-Landschaft: «Zumindest Hygiene-Hinweise sollten systematisch auf allen Packungen vermerkt werden.» Eine im Frühjahr erschienene Studie seines Labors wies nämlich auf eine grössere Verseuchung hin: In 23 von 25 untersuchten Hühnerbeständen wurde Campylobacter im Kot nachgewiesen. Und 71 Prozent der untersuchten Pouletprodukte aus dem Detailhandel waren mit diesen Bakterien kontaminiert.
Solche Zahlen sind langsam auch für das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Grund zum Handeln: Laut BAG-Sprecher Andreas Baumgartner habe man ob dieser bedenklichen Zahlen «im Sinn», in der nächsten Hygieneverordnung Auflagen zu machen. Zum Beispiel der gesamten Geflügelindustrie vorzuschreiben, auf die hygienisch sichere Handhabung des Pouletfleisches hinzuweisen. Aber: «Wir müssen mit Campylobacter und Salmonellen leben lernen, sonst müsste man die Hälfte des Fleisches aus dem Verkehr ziehen.»
In Schweden sind Poulets fast ganz salmonellenfrei
Ganz anderer Meinung sind dänische und schwedische Fachleute: «Es ist möglich, campylobacterfreies Pouletfleisch zu produzieren», sagt Ivar Vågholm vom Schwedischen Zoonose-Center. Einzelne Betriebe seien bereits jetzt dazu in der Lage. Auch der dänische Produzent Danpo bringt campylobacterfreie Poulets auf den Markt. Kein Wunder: Das Pouletfleisch der Migros mit Herkunft Dänemark schnitt in der saldo-Stichprobe makellos ab.
Die schwedische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die jetzige Campylobacter-Befallrate bei rohem Hühnerfleisch von 10 Prozent auf 2 Prozent zu drücken. Das Land hat bereits eine besonders strikte Regelung, um seine Bevölkerung vor Salmonellen zu schützen. Durch rigorose Kontrolle des Futters und der Hühneraufzucht-Betriebe hat es erreicht, dass mehr als 99 Prozent der Produktion salmonellenfrei ist.
Wie mit Poulet umgehen
Wenn Sie beim Kochen die folgenden Regeln einhalten, können Sie in der Regel eine Ansteckung mit Salmonellen oder Campylobacter verhindern:
- Immer getrennte Schneidebretter und Messer für Fleisch und Salat/Gemüse benutzen. Sonst gehen die Keime vom Fleisch auf die ungekochte Ware über. Im rauen Holzbrett können sich Bakterien festsetzen. Das Brett nach Gebrauch sofort mit kochendem Wasser abspülen.
- Geflügel immer gut durchbraten. Salmonellen und Campylobacter sterben erst bei 70 °C ab. Beim Fondue Chinoise auf dem Teller klar zwischen Rohfleisch und anderen Zutaten trennen.
- Darauf achten, dass die Kühlkette eingehalten wird. Poulet nicht lange ungekühlt liegen lassen. Achtung beim Auftauen von gefrorenem Geflügel: Das Gefrierwasser kann viele Bakterien enthalten.
- Regelmässig Hände waschen und Küchentücher auswechseln.