Kantone und Gemeinden verlangen zu hohe Gebühren
Eine Erhebung des Bundes zeigt, dass die Tarife der Strassenverkehrsämter viel zu hoch sind. Trotzdem denken die Kantone kaum daran, die Tarife <br />
zu senken.
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saldo 19/2012
21.11.2012
Yves Demuth
Staatliche Gebühren dürfen im Normalfall nur kostendeckend sein, nicht gewinnbringend. Das hat das Bundesgericht letztmals 2010 bekräftigt (Urteil 2C 644/2009). Das heisst: Die Einnahmen dürfen nicht höher als die Kosten sein. So die Theorie.
Die Fakten sehen anders aus: So erwirtschafteten die kantonalen Strassenverkehrsämter dank überhöhter Gebühren im Jahr 2010 total 85,9 Millionen Franken Gewinn. In 18 von 26 Kantonen waren die Einn...
Staatliche Gebühren dürfen im Normalfall nur kostendeckend sein, nicht gewinnbringend. Das hat das Bundesgericht letztmals 2010 bekräftigt (Urteil 2C 644/2009). Das heisst: Die Einnahmen dürfen nicht höher als die Kosten sein. So die Theorie.
Die Fakten sehen anders aus: So erwirtschafteten die kantonalen Strassenverkehrsämter dank überhöhter Gebühren im Jahr 2010 total 85,9 Millionen Franken Gewinn. In 18 von 26 Kantonen waren die Einnahmen im Bereich Strassenverkehr zu hoch. Dies geht aus dem neuen Gebührenindex der Eidgenössischen Finanzverwaltung für 2010 hervor. Nur in den Kantonen Freiburg, Neuenburg, Schaffhausen, Thurgau, Unterwalden, Uri und Zug zahlten die Autofahrer nicht zu viel.
Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich gibt auf Anfrage von saldo zu, dass sie mit Strassenverkehrsgebühren Gewinne macht. Im 2010 zahlten Autofahrer für Führerausweise oder Fahrzeugprüfungen 10 Millionen Franken zu viel. Zählt man die Auktionserlöse von Nummernschildern sowie Mahngebühren dazu, steigt der Gewinn gar auf 16,6 Millionen Franken.
Basel-Stadt wirft der Bundesverwaltung falsches Rechnen vor
Dennoch plant der Kanton keine Gebührensenkung. Urs Grob von der Sicherheitsdirektion begründet dies damit, in Zürich seien die Führerausweise mit 35 Franken bereits so tief wie sonst nirgends in der Schweiz. Und sieben weitere Tarife seien seit 2003 massiv gesenkt worden, darunter jene für Fahrzeugprüfungen oder Lernfahrausweise.
Auch die Kantone Aargau und Basel-Stadt machten laut der Finanzverwaltung des Bundes mit zu hohen Strassenverkehrsgebühren einen Gewinn von 18 Millionen respektive 4,4 Millionen Franken. Während im Aargau für 2013 eine erneute Gebührensenkung vorgesehen ist, will Basel-Stadt nichts unternehmen. Laut dem Basler Finanzdepartement rechne die Bundesverwaltung mit unvollständigen Kostenangaben. Basel mache keinen Gewinn mit Gebühren. Mit Zahlen belegen könne Basel-Stadt dies indes erst ab 2013.
Preisüberwacher muss immer wieder Gebührensenkungen verlangen
Der Zürcher Autohändler und FDP-Nationalrat Markus Hutter kritisiert die Praxis der Kantone: «Sie bringen oft Ausreden, um die Gebühren nicht senken zu müssen.» Die Kantone und Gemeinden würden lieber die Gebühren erhöhen statt die Steuern. «Das ist für sie wesentlich einfacher, denn höhere Gebühren können sie meist ohne Mitsprache der Einwohner beschliessen», so Hutter.
Preisüberwacher Stefan Meierhans ist ständig mit steigenden Gebühren konfrontiert. Gemeinden, Kantone und der Bund müssen ihn vor einer Gebührenerhöhung anhören. «Dabei gibt es immer wieder Fälle von überhöhten Gebühren, wo wir eine Senkung verlangen», sagt Meierhans. So hat er jüngst etwa in den Städten Olten und Lausanne tiefere Abwassergebühren erwirkt. Selbiges gelte auch für überhöhte Gebühren bei einigen kantonalen Strassenverkehrsämtern.
Die Erhebung der Finanzverwaltung bestätigt, dass die Gebühren stetig steigen: 2010 kassierten Kantone und Gemeinden satte 4,4 Milliarden Franken allein in den Bereichen Strassenverkehr, Abwasser, Abfall und Amtsdokumente inklusive Betreibungsregisterauszüge oder Grundbuchänderungen. Das sind 60 Millionen Franken mehr als 2008.